"Die Angst vor einem Rückfall ist immer da"
Urs Kunzelmann (38): Leben mit Brustkrebs
Inhalt
Gesundheitstipp 12/2003
03.12.2003
Aufgezeichnet: Claudia Peter
Meine rechte Brust ist weg. Die Ärzte haben sie bis auf die Rippen herausgeschnitten. Viermal hin-tereinander mussten sie operieren.
Ich bin Vater von zwei kleinen Kindern und hatte Brustkrebs.
Es begann vor drei Jahren, an Ostern 2000. Beim Duschen spürte ich einen erbsengrossen Knoten an der Brust. Mein Hausarzt meinte, es sei ein harmloser Talgknoten. Er riet mir trotzdem, ihn zur Sicherheit entfernen zu lassen.
Das tat ich bei uns im Spital. Der Chefchi...
Meine rechte Brust ist weg. Die Ärzte haben sie bis auf die Rippen herausgeschnitten. Viermal hin-tereinander mussten sie operieren.
Ich bin Vater von zwei kleinen Kindern und hatte Brustkrebs.
Es begann vor drei Jahren, an Ostern 2000. Beim Duschen spürte ich einen erbsengrossen Knoten an der Brust. Mein Hausarzt meinte, es sei ein harmloser Talgknoten. Er riet mir trotzdem, ihn zur Sicherheit entfernen zu lassen.
Das tat ich bei uns im Spital. Der Chefchirurg war selbst geschockt, als er meiner Frau und mir die Diagnose mitteilte. Das Labor hatte Brustkrebs festgestellt. Ich war wie gelähmt. Wie sollte es jetzt weitergehen? Wir hatten gerade ein Haus gebaut. Mein Sohn war erst ein Jahr alt.
Meine Frau weinte einen Tag lang. Dann nahm sie die Sache in die Hand. Sie sorgte dafür, dass ich schon drei Tage nach der Diagnose wieder untersucht wurde, diesmal im Kantonsspital Basel. Noch am gleichen Tag kam ein Anruf: Es sei ein Spitalbett frei. Die Ärzte in Basel haben das ganze Brustgewebe und einen Teil der Lymphknoten in meinem rechten Arm entfernt. Diese waren bereits leicht befallen. Deswegen empfahlen die Spezialisten mir anschliessend eine Chemotherapie - zur Sicherheit.
Ich hatte vier Behandlungen im Abstand von drei Wochen. Nach der zweiten Behandlung konnte ich mir die Haare büschelweise ausreissen. Doch das hat mir nicht so viel ausgemacht. Ich trug halt ein Käppi. Glatzen waren damals eh modern.
Ich glaube ohnehin, dass Frauen es schwerer haben mit Brustkrebs als wir Männer. Sie werden viel mehr nach ihrem Äusseren beurteilt. Wenn dann eine Brust nicht mehr da ist oder das Haar, gibt man ihnen schnell das Gefühl, es würde etwas Wichtiges fehlen.
Das Schlimmste war für mich die Übelkeit. Nach jeder Chemo fiel ich ins Bett und schlief drei Tage lang. In der ersten Woche war mir jeweils andauernd schlecht. In der zweiten Woche bekam ich zwar manchmal Hunger. Aber bis das Essen auf dem Tisch stand, war mir der Appetit schon wieder vergangen. Erst in der dritten Woche ging es mir wieder gut. Ich spielte mit den Kindern, baute ihnen eine Schaukel und konnte alles essen. Doch ich wusste: Nächsten Montag muss ich im Spital antreten. Davor hatte ich Angst, denn es war klar, dass es mir dann so schlecht gehen würde wie zuvor. Wir haben diese Zeit nur deshalb so gut überstanden, weil die ganze Familie mit anpackte.
Nach der vierten Chemo war ich froh, dass es vorbei war. Ich musste meinen Körper wieder aufbauen. Deshalb ging ich in die anthroposophische Klinik nach Arlesheim im Kanton Baselland. Dort unterzogen mich die Ärzte einer Misteltherapie. Ausserdem mache ich seither autogenes Training gegen den Stress. Das hat mir sehr geholfen. Vor allem belastet mich jetzt die Angst vor einem Rückfall. Dieser Gedanke ist immer da.
Heute nehme ich noch Tamoxifen. Dieses Medikament soll verhindern, dass neue Tumore entstehen. Nebenwirkungen spüre ich zum Glück keine. Viel schlimmer ist, dass ich im rechten Arm kaum noch Kraft habe. Ich muss aufpassen, dass ich mich dort nicht verletze. Sonst könnte es passieren, dass der Arm anschwillt und dick bleibt.
Aber im Grunde sind das Kleinigkeiten. Hauptsache ist: Ich lebe! Ich darf meine Kinder aufwachsen sehen und ich kann arbeiten. Diese Zeit hat uns alle sehr geprägt. Meine Tochter malt den Papa heute noch mit einer grossen Narbe auf der Brust.
Brustkrebs bei Männern: Das sind die Risikofaktoren
Etwa zehn Männer erkranken jedes Jahr in der Schweiz an Brustkrebs. Denn auch Männer haben Brustdrüsen und Brustgewebe.
Es gibt mehrere Risikofaktoren: Dazu gehören Fettleibigkeit, vorangegangene Strahlenbelastung und ein krankhaft veränderter Östrogenspiegel im Blut.
Manche Männer sind - ähnlich wie Frauen - auch erblich vorbelastet.
Brustkrebs wird bei Männern oft viel zu spät erkannt. Die Gefahr: Wenn sich bereits Metastasen gebildet haben, ist die Krankheit ebenso wie bei Frauen unheilbar. Deswegen sollten auch Männer eine Veränderung im Brustbereich immer im Spital abklären lassen.