Weniger Fleisch - weniger Schmerzen
Weniger Fleisch und Eier, mehr Gemüse und Fisch: Mit diesem Rezept können viele Rheumakranke ihre Beschwerden lindern -und brauchen weniger Schmerzmittel.
Inhalt
Gesundheitstipp 10/2005
28.09.2005
Esther Diener Morscher
Bratwurst oder Schnitzel kommen bei Liselotte Schmid (56) nicht mehr auf den Tisch. «Ich esse viel Gemüse und Salat, Vollkornprodukte und täglich eine Portion Fisch oder Tofu. Seither ist mein Alltag wieder lebenswert geworden.» Liselotte Schmid leidet an Muskel- und Gelenkrheuma und hatte früher trotz vieler Medikamente oft unerträgliche Schmerzen. Seit sie sich fleischlos ernährt, kommt sie mit zwei Schmerztabletten täglich aus - und fühlt sich wohl.
Rheumaärzte bezieh...
Bratwurst oder Schnitzel kommen bei Liselotte Schmid (56) nicht mehr auf den Tisch. «Ich esse viel Gemüse und Salat, Vollkornprodukte und täglich eine Portion Fisch oder Tofu. Seither ist mein Alltag wieder lebenswert geworden.» Liselotte Schmid leidet an Muskel- und Gelenkrheuma und hatte früher trotz vieler Medikamente oft unerträgliche Schmerzen. Seit sie sich fleischlos ernährt, kommt sie mit zwei Schmerztabletten täglich aus - und fühlt sich wohl.
Rheumaärzte beziehen zunehmend die Ernährung in die Patientenbehandlung ein. Die St. Galler Rheumatologin Christine Sengupta gibt neben Arzneirezepten auch gleich eine Rezeptsammlung mit Menüvorschlägen ab. Sie ist überzeugt: «Milde Rheumaformen kann man mit der richtigen Ernährung in den Griff bekommen. Bei schwereren Formen lässt sich zumindest die Lebensqualität verbessern und der Schmerzmittelverbrauch mindern.»
Menüplan ändern: Am wirksamsten bei Gicht
Allerdings spielt die Ernährung nicht bei allen Rheumaarten die gleich wichtige Rolle. Am wirksamsten ist das Umstellen des Menüplans bei Gicht: «Wer Fleisch und Alkohol absetzt, fühlt sich schnell besser», sagt Christine Sengupta. Wichtig ist die Ernährung auch bei allen entzündlichen Rheumakrankheiten, zum Beispiel bei Polyarthritis, Polymyalgie oder Morbus Bechterew.
Besonders schlecht für solche Patienten sind tierische Fette: Sie enthalten viel Arachidonsäure. Und daraus bildet der Körper Stoffe, welche Entzündungen fördern. Besonders viel von dieser Säure hats in Eigelb und Schweineleber. Aber auch in der Butter, im Fleisch und in Wurstwaren ist viel vorhanden.
Besonders empfehlenswert für Rheumapatienten sind hingegen Omega-3-Fettsäuren. Sie hemmen die Bildung der entzündungsfördernden Substanzen.
Reich an diesen gesunden Fettsäuren sind diverse Fische, Leinsamen, Baumnüsse, Lein-, Raps-, Soja- und Walnussöl. Zwei neuere Studien belegen die positiven Wirkungen:
- Schwedische Wissenschaftler konnten nachweisen, dass sich Patienten mit rheumatoider Arthritis wesentlich besser fühlten, wenn sie sich mit Mittelmeerkost ernährten.
Das heisst: viel Fisch, aber wenig Fleisch, viel Gemüse und Obst essen sowie mit Oliven- und Rapsöl statt mit tierischen Fetten kochen.
Nach sechs Wochen hatten die Patienten weniger geschwollene und schmerzende Glieder und bessere Gelenkfunktionen. Bei den Kranken, die sich wie gewohnt ernährten, blieben die Beschwerden dagegen unverändert.
- Deutsche Forscher beobachteten 68 Patienten mit entzündlichem Rheuma. Die Hälfte davon ernährte sich vegetarisch und erhielt täglich eine Kapsel Fischöl.
Das Resultat: Nach drei Monaten hatte etwa ein Drittel dieser Gruppe weniger Schmerzen und geschwollene Gelenke.
Wer seine Rheumaschmerzen durch die Ernährung lindern will, sollte sich jedoch keine falschen Hoffnungen machen: «Auch nach zwei Wochen fettarmer Kost sind die Schmerzen nicht plötzlich verschwunden», sagt die diplomierte Ernährungsberaterin Christina Alder, Beraterin bei der Rheumaliga Zürich. Alder hat folgende Erfahrung gemacht: «Nur wer seine Ernährung langfristig umstellt, erzielt eine Wirkung.» Ob die Schmerzen dann verschwinden, kann niemand garantieren. «Doch alle Rheumapatienten profitieren nach einiger Zeit von einem besseren Wohlbefinden.» Sie ist auch überzeugt: «Eine gesunde Ernährung kann rheumatischen Krankheiten vorbeugen.»
«Oft kasteien sich Patienten unnötigerweise»
Dennoch ist für Christina Alder wichtig, dass sich die Leute ihre Freude am Essen erhalten: «Essverbote tragen nichts zur Lebensqualität von Rheumakranken bei.» Und auch Christine Sengupta warnt vor strengen Diäten. «Oft kasteien sich die Patienten unnötigerweise - indem sie sich zum Beispiel Kaffee oder Zitrusfrüchte verbieten», hat sie festgestellt. Vier Tassen Kaffee täglich lägen aber durchaus drin. Und auch Zitrusfrüchte dürfe man essen. Weniger Ausnahmen sollte man bei fettem Fleisch machen. «Ich habe Patienten, die nach einer Bratwurst einen Rheumaschub haben.»
Anders sieht es bei Patienten aus, die wegen Gelenkabnützung - also Arthrose - unter Schmerzen leiden. Dort hat eine fleischarme Ernährung weniger Einfluss auf die Krankheit.
Innert vier Monaten waren 15 Kilo Übergewicht weg
Trotzdem können auch solche Patienten profitieren: Wer statt fetter Wurst mehr Gemüse isst, nimmt ab, entlastet die Gelenke und hat so weniger Schmerzen. Auch Liselotte Schmid nahm innert vier Monaten 15 Kilo ab, als sie ihre Ernährung umstellte. Und: «Meine entzündeten Gelenke sind viel weniger belastet als früher», freut sie sich.
«Seit ich mich fleischlos ernähre, sind die unerträglichen Schmerzen weg»
Rheumapatientin Liselotte Schmid
Rheuma: So essen Sie Ihre Schmerzen weg
Ernährung
- Essen Sie täglich Gemüse und Obst.
- Essen Sie täglich Vollkornbrot, Haferflocken, Vollreis oder Vollkornteigwaren.
- Nehmen Sie zwei- bis dreimal pro Woche Fisch zu sich. Besonders gut sind Fische mit viel Omega-3-Fettsäuren wie Makrele, Lachs und Hering.
- Verwenden Sie Raps-, Soja-, Walnuss- und Leinöl. Möglichst wenig Butter.
- Verzichten Sie auf Wurst und Innereien. Höchstens zweimal Fleisch pro Woche.
- Maximal zwei Eier pro Woche essen. Vorsicht bei «versteckten» Eiern in Gebäck und Teigwaren.
- Nehmen Sie nur fettarme Milch und Milchprodukte zu sich.
- Reduzieren Sie Übergewicht.
Fitness
- Machen Sie täglich ein gelenkschonendes Training wie Velo- fahren oder Schwimmen.
Informationen
- Merkblatt «Die Ernährung des Rheumakranken». Gratis erhältlich bei: Rheumaliga Schweiz, Tel. 044 487 40 10, www.rheumaliga.ch.
- Diverse Merkblätter bei der Schweiz. Gesellschaft für Ernährung. Gratis-Download im Pdf-Format unter www.sge-ssn.ch.
- Ernährungsberatung der Rheumaliga Zürich, Christina Alder, Tel. 079 397 68 76, Erstberatung Fr. 50.- (Mitglieder Fr. 25.-).
Bücher
- Helga Strube: «Abwechslungsreiche Diät für Rheumatiker», Fr. 42.40
- Peter Mayr: «Gesunde Ernährung bei Rheuma», Fr. 34.90
- Olaf Adam: «Diät & Rat bei Rheuma und Osteoporose», Fr. 29.90