Nutzlose Schlankheitsmittel - Konsumentenschützer wollen dubiose Geschäfte stoppen
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Gesundheitstipp 1/2001
01.01.2001
Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat 14 Versandhandels-Firmen angezeigt
In fünf Wochen 40 Kilo abnehmen? Kein Problem - wenns stimmt, was gewisse Inserate versprechen. Fachleute hingegen bezeichnen viele Schlankheitsmittel als «Mumpitz». Doch Übergewichtige fallen immer wieder darauf herein.
Thomas Grether thgrether@pulstipp.ch
Blick, Coop-Zeitung, Brückenbauer, Glückspost oder die TCS-Zeitung bringen sie immer wieder: Inserate für dubiose...
Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat 14 Versandhandels-Firmen angezeigt
In fünf Wochen 40 Kilo abnehmen? Kein Problem - wenns stimmt, was gewisse Inserate versprechen. Fachleute hingegen bezeichnen viele Schlankheitsmittel als «Mumpitz». Doch Übergewichtige fallen immer wieder darauf herein.
Thomas Grether thgrether@pulstipp.ch
Blick, Coop-Zeitung, Brückenbauer, Glückspost oder die TCS-Zeitung bringen sie immer wieder: Inserate für dubiose Schlankheitsmittel. Unglaublich, was alles gegen Übergewicht nützen soll: Seegras-Pflaster, Massage-Sohlen für die Schuhe, Vollbäder, Magnet-Armbänder oder Kapseln mit Ananas, Grüntee und anderen Inhaltsstoffen.
«Das ist alles Mumpitz und nützt nichts», warnt Fritz Horber, Arzt und Stoffwechselspezialist an der Zürcher Hirslanden-Klinik. Einziges Ziel dieser Firmen sei, Übergewichtigen Geld aus der Tasche zu ziehen.
Jetzt geht die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) gegen «unverfrorene» Versandhandels-Firmen vor. Sie hat 18 Strafanzeigen eingereicht wegen unlauteren Wettbewerbs und Verstoss gegen das Lebensmittelgesetz. SKS-Geschäftsführerin Jacqueline Bachmann hofft, damit «die Branche, die solche nutzlosen Mittel verkauft, lahm zu legen.» Angeklagt sind Firmen, auf deren Inserate immer wieder viele Leute hereinfallen: Etwa der Princessa Versand, die Bio-Botanica AG, der Silverado-Reform-Versand oder die Mineralis GmbH. Auch die Ambassador AG und den Verlag für Wissenschaft und Medizin hat die SKS verzeigt. Die beiden Firmen gehören zur HHS Holding von Charles-Pierre Schöbi aus Jona. Der Versandhändler ist einer der Grossen im Geschäft mit Schlankheitsmitteln. Schöbi gibt sich unbeeindruckt: Er finde, dass die SKS mit ihren Anzeigen Stiftungsgeld verschwende. «Ich warte gelassen ab, was da kommt.»
Seine Gelassenheit hat einen Grund: Schöbi muss kaum mit schmerzhaften Sanktionen rechnen. «Die Verfahren gegen solche Firmen sind kompliziert und langwierig. Die Strafen für Verstösse gegen die Heilmittelverordnung ungenügend», sagt Willy Müller, Leiter der Kantonalen Heilmittelkontrolle Zürich. «Sie schrecken Scharlatane zu wenig ab.»
Neues Gesetz verlangt bedeutend härtere Strafen
Das neue Heilmittelgesetz, das sich in der Vernehmlassung befindet, könnte dies jedoch ändern. Bisher mussten die Firmen im Fall einer Verurteilung mit lächerlichen 500 bis 2000 Franken Busse rechnen. Neu drohen Bussen von bis zu 500 000 Franken und Gefängnis bis fünf Jahre. Müller: «Die Frage bleibt allerdings, wie weit die Gerichte diese neuen Bussen in der Praxis anwenden. Die Erfahrung zeigt, dass viele Gerichte solche Firmen zu wenig hart bestrafen.» Für Müller unverständlich, weil die Firmen in kurzer Zeit Millionenumsätze machen.
Am kürzeren Hebel sitzt auch die Schweizerische Lauterkeitskommission. Bis sie über die Behörden den Stopp eines Inserats veranlasst hat, vergehen laut Kommissionssprecher Hanspeter Marti «rasch einmal zwei Monate».
«Prüfen, ob Verlage grobfahrlässig handeln»
Für einmal schnell reagierte letztes Jahr das Kantonale Labor von Zürich: Mit einer Verfügung stoppte es Inserate für Ananas- und Grünteekapseln. Dem Blick entgingen nach eigenen Angaben 800 000 Franken Inserate-Einnahmen.
Indem Zeitungsverlage für die Inserate Geld kassieren, beteiligen sie sich indirekt am dubiosen Geschäft. «Man müsste prüfen, ob manche Verlage sogar grobfahrlässig handeln», sagt Marti.
Viele Übergewichtige wissen, dass die Pillen, Pflaster und anderen kuriosen Methoden nichts nützen: Dies zeigt eine kleine Umfrage des Puls-Tipp. Trotzdem bestellen sie die Mittel und wenden sie an. Dies erstaunt Beatrice Conrad vom Schweizerischen Verband diplomierter Ernährungsberaterinnen nicht. Sie macht folgende Punkte dafür verantwortlich, dass manche Übergewichtige sogar wissentlich unnütze Mittel nehmen:
- Übergewichtige stehen unter Druck. Ihr Umfeld erwartet, dass sie endlich abnehmen. Sie begehen eine Verzweiflungstat. Conrad: «Sie wollen dem Arzt, Verwandten und sich selbst zeigen, dass sie etwas gegen die Kilos unternehmen.»
- Übergewichtige klammern sich an jeden Strohhalm, um abzunehmen. Bei Inseraten, die Wunder versprechen, keimt immer wieder Hoffnung auf. Conrad: «Die Inserate sind so perfid gemacht, dass viele Menschen annehmen, es sei ein neues, wirksames Mittel auf dem Markt. Falsche Ärzte in weissen Kitteln täuschen Seriosität vor.»
- Die Inserate versprechen eine starke und rasche Gewichtsreduktion. Übergewichtige glauben, schnell viel abnehmen zu können. Conrad: «Ein Irrtum. Methoden, mit denen man 10 Kilos und mehr in zwei Wochen abnimmt, sind Unfug. Ein halbes Kilo pro Woche abzunehmen ist sinnvoll und seriös.»
Ernährungsberatung: Eine Liste mit Adressen können Sie gratis beziehen beim Schweizerischen Verband diplomierter ErnährungsberaterInnen, Oberstadt 8, 6204 Sempach-Stadt, Tel. 041 462 70 66.