Pia Dietsche fährt zweimal in der Woche zur Kunsteisbahn Küsnacht ZH. Hier übt sie sich im Eisstockschiessen. Diese Sportart funktioniert ähnlich wie Boccia oder Pétanque auf dem Eis: Man nimmt einen Eisstock in die Hand, der aussieht wie ein Teller mit Stiel und etwa 4 Kilo schwer ist. Man schwingt den Eisstock vor und zurück und schiesst ihn dann möglichst nahe an das Ziel, die sogenannte Daube. Pia Dietsche macht das seit 25 Jahren.
«Mir gefällt, dass ich viel an der frischen Luft bin, dass ich Kraft brauche und dabei auch ein wenig studieren muss», sagt die 79-Jährige. Man müsse «angefressen» sein. «Wenn wir ein Turnier spielen, müssen wir manchmal um 4 Uhr früh losfahren.» Man spiele acht Stunden mit einer halben Stunde Pause – diese könne aber auch ganz am Anfang oder am Schluss des Tages sein.
Szenenwechsel: Pia Beck geht in die Knie. Sie stützt sich mit der einen Hand auf einen Besen ab. In der anderen hält sie den 20 Kilo schweren Curlingstein. Jetzt schiebt sie sich zuerst ein Stück nach vorne, dann nach hinten und stösst sich schwungvoll, aber konzentriert mit dem rechten Fuss ab. Zusammen mit dem Besen und dem Curlingstein rutscht sie übers Eis. Nach ein paar Metern lässt sie den Stein mit einer feinen Drehung des Handgelenks los. In einer sanften Kurve gleitet er über das Eisfeld. «Sauber», ruft Trainer Peter Wildhaber und nickt anerkennend: «Sehr gut gemacht!»
Pia Beck trainiert auf der Curlingbahn der Dolder-Kunsteisbahn in Zürich. Die 54-Jährige spielt nicht zum ersten Mal Curling. Sie hat schon an einigen Plauschturnieren teilgenommen. «Jetzt möchte ich es noch richtig lernen», sagt sie.
Curler brauchen Kraft – und gute Nerven
Curling gefällt ihr, weil es fair sei: «Wer gut sein will, muss etwas können – man kann dem Gegner kein Bein stellen», sagt sie. Ausserdem brauche man auch den Kopf. Denn Curling ist ein präziser und von Taktik geprägter Sport. Und er fordert den Körper: «Man muss sich auf winterliche Verhältnisse einstellen», sagt Beck. Nach zwei Stunden in der 1 Grad kühlen Eishalle habe sie kalte Füsse bekommen.
So ähnlich die beiden Eissportarten sind: Punkto Nutzen für die Fitness der Spieler gibt es klare Unterschiede. Curling schneidet besser ab, kommt der Fitnessexperte Fritz Bebie aus Erlenbach ZH zum Schluss (siehe Tabelle). Er hat die Eissportarten für den Gesundheitstipp verglichen. Beim Curling brauche man mehr Kraft: «Der Curler geht in die Knie, schleift mit dem Stein ein paar Meter mit und muss dabei das Gleichgewicht halten», sagt Bebie. Wer nicht stabil bleibt, verschlechtert die Bahn des Steins.
Beim Curling wischt man zudem mit einem Besen den Weg frei für den Stein – auch das braucht Kraft. Mit den schnellen Bewegungen des Besens erzeugen die Wischer Wärme. Dadurch entsteht ein feiner Wasserfilm, der Stein wird schneller. Fritz Bebie hält deshalb viel von Curling: «Es ist abwechslungsreich, man braucht Kraft, Feinmotorik, Taktik und eine stabile Psyche.» Gute Nerven seien gefragt, um den Stein präzise platzieren zu können.
Beim Eisstockschiessen muss man sich nicht stark bücken. Der Sport ist deshalb besser geeignet für Leute mit Problemen an Knien oder an den Leisten. Das Werfen des Eisstocks sei einfacher als das Anschieben des Steins beim Curling, sagt Bebie. Ueli Mumenthaler, Zentralpräsident des Schweizerischen Eisstockverbands, bestätigt dies: «Es tut manchmal einfach gut, den Stock mit voller Kraft nach vorne zu schiessen.»
Gute Kleider und Krafttraining schützen
Beide Sportarten finden bei Temperaturen um den Nullpunkt statt – ob in der Halle oder draussen. Deshalb muss man sich mit entsprechender Kleidung schützen. Denn bei tiefen Temperaturen sinkt die körperliche Leistungsfähigkeit, weil die Muskeln schneller auskühlen. Haut, Sehnen und Gelenkkapseln werden dann schlechter durchblutet und sind weniger elastisch. Das erhöht die Verletzungsgefahr. Thermounterwäsche und Kleider nach dem Zwiebelprinzip helfen.
Ausserdem empfiehlt Bebie zusätzliches Krafttraining. Es schützt vor Stürzen auf dem Eis. Denn dabei muss man das Gleichgewicht halten können. Wer in mittleren Jahren mit einer Eissportart angefangen und dabei auch die Kraft trainiert hat, kann also im Alter weiter spielen. Wer hingegen mit 70 etwas wacklig auf den Beinen ist, sollte sich nicht mehr aufs Eis wagen. Die Verletzungsgefahr ist dann zu gross.