Psychiater klären seelische Krankheiten bei Patienten oft zu wenig sorgfältig ab. So erhalten psychisch instabile Leute immer häufiger die Diagnose Borderline-Störung. Das stösst bei Experten auf Kritik: Sie bemängeln, die Diagnose werde häufig vorschnell gestellt (Gesundheits­tipp 11/2021). Die Folgen sind für die Patienten fatal: Sie werden den Stempel nie mehr los.

Patienten haben Möglichkeiten, eine Diagnose zu umgehen. Der wichtigste Punkt: Betroffene müssten nicht immer gleich zum Psychiater gehen, sagt Caroline Gurtner, Leiterin Recovery und Sozial­politik bei der Beratungsstelle Pro Mente Sana: «Man kann sich auch bei einer Beratungsstelle melden oder sich von einem Coach beraten lassen.» Oft geht es Betroffenen schon besser, wenn sie auf diesem Weg Ratschläge erhalten. Gurtner empfiehlt auch die Beratung durch sogenannte Peers: Das sind Leute, die psychische Krisen durchlebt und eine Weiterbildung absolviert haben. Sie teilen ihre Erfahrungen mit anderen Betroffenen (siehe Infos).

Laut Caroline Gurtner kann auch ein Hausarzt eine erste Anlaufstelle sein, sofern man zu ihm ein gutes Vertrauensverhältnis ha-be. «Wenn jemand Hilfe braucht, ist auch der Gang zu einem Psycho­logen eine gute Idee.» Ab dem nächsten Sommer kann jeder Hausarzt eine Psychotherapie anordnen. Eine Behandlung beim Psychiater ist erst dann unvermeidlich, wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, sein Leben zu organisieren, oder wenn das Risiko eines Suizids besteht.

Infos für Betroffene

  • Beratungsstelle Pro Mente Sana, Tel. 0848 800 858
  • «Peers» im Internet: Peerpool.Ex-In-Schweiz.ch
  • Kurse mit «Peers» in Bern: Recoverycollegebern.ch
  • Neue Sprechstunde der Psychiatrischen Kliniken Basel ohne schubladisierende Kategorien: Tel. 061 325 59 59