Die Kapseln sollen «natürliche Schönheit von innen» verleihen und für gesunde Haut sorgen. So heisst es auf der Verpackung des Präparats Abtei Kieselerde Biotin Plus. Es enthält einen Cocktail aus verschiedenen Nährstoffen wie Biotin, Vitamin C, Zink und Silizium. Ähnliche Zutaten stecken in den Tabletten von Tetesept. Sie sollen zu frischer Haut, schönen Nägeln und kräftigem Haar verhelfen. Solche Präparate gibt es bei den Grossverteilern, in Apotheken und Kosmetikgeschäften. Fachleute bezeichnen sie als «nutricosmetics», englisch für Ernährungskosmetik.
Liegt kein Mangel vor, werden die Nährstoffe ausgeschieden
Doch Vitaminpillen machen die Haut weder schöner noch gesünder. Hautarzt Günther Hofbauer aus Wetzikon ZH sagt: «Die meisten Inhaltsstoffe haben keinen nachweisbaren Einfluss auf die Haut.» Zum gleichen Schluss kam 2018 eine Übersichtsarbeit der britischen Stiftung für Ernährung. Es gebe nur wenige gute Studien dazu, kritisiert Autorin und Ernährungswissenschafterin Ayela Spiro. Zudem seien die Resultate ernüchternd.
Laut Spiro ist es zwar unbestritten, dass der Körper Nährstoffe wie Vitamin A und C, B-Vitamine, Biotin und Zink brauche, um die Haut gesund zu erhalten. Wenn kein Mangel vorliege, würden zusätzliche Mengen jedoch nichts nützen. Der Körper scheide die Stoffe meist ungenutzt wieder aus. Das gilt zum Beispiel für:
Biotin: Biotin ist der am häufigsten verwendete Stoff in Präparaten für die Haut. Der Hersteller Doppelherz bezeichnet es auf seiner Internetseite als Schönheitsvitamin. Fehlt dem Körper Biotin, entzünden sich Haut und Schleimhäute. Allerdings gibt es kaum Leute, denen Biotin fehlt. Denn das Vitamin steckt in vielen Lebensmitteln – etwa in Haferflocken, Nüssen, Eigelb und Bananen. Zudem produziert der Darm es selber.
Zusätzliches Biotin hat keine Vorteile: Zu diesem Schluss kam 2020 eine Übersichtsstudie der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore (USA). Im Gegenteil: Präparate mit Biotin können Ergebnisse von medizinischen Labortests verfälschen, zum Beispiel bei Schilddrüsen- und Herzwerten. Das führt zu falschen Diagnosen und Therapien.
Vitamin B2 (Riboflavin): Auch Vitamin B2 ist in vielen Präparaten für schöne Haut enthalten. Die meisten Leute in der Schweiz sind gut damit versorgt, wie der letzte Schweizerische Ernährungsbericht zeigte. Eine Extraportion nützt der Haut nichts. Nur bei hohem Alkoholkonsum oder chronischen Darmkrankheiten nimmt der Körper zu wenig Vitamin B2 auf. Die Folge sind rissige Mundwinkel und Lippen oder schuppige Flecken im Gesicht und an den Ohren.
Zink: Der Körper braucht das Spurenelement Zink für den Aufbau der Haut und des Bindegewebes, etwa beim Heilen von Wunden. Doch es ist nicht belegt, dass Zinktabletten helfen, Wunden schneller zu heilen. Möglicherweise helfen sie aber bei Akne, weil Zink Entzündungen lindert. Laut Forschern der Johns Hopkins School of Medicine in Baltimore (USA) zeigten Studien widersprüchliche Ergebnisse: Bei manchen nützten die Tabletten, bei anderen nicht. Zu viel Zink kann schaden: Es verursacht Bauchweh, Blutarmut und Kupfermangel (Gesundheitstipp 3/2024).
Kollagen: Der Körper bildet selber Kollagen. Das Eiweiss sorgt für stabiles Bindegewebe. Im Alter lässt die Produktion aber langsam nach, die Haut wird faltiger. Doch es nützt wenig, wenn man Kollagen als Kapsel oder Drink schluckt. Laut Günther Hofbauer lassen sich Falten damit nicht wirksam glätten: «Man sollte nicht zu viel von solchen Präparaten erwarten.»
Zwar ergaben einzelne Studien mit wenigen Teilnehmerinnen, dass Kollagen die Haut etwas elastischer und straffer erscheinen liess als ein Placebopräparat. Doch klar nachgewiesen ist das bisher nicht. In der Schweiz und in der EU dürfen Hersteller deshalb nicht damit werben, dass ihre Kollagenpräparate die Haut straffer oder jünger machen.
Vitamin C: Damit der Körper Kollagen bildet, braucht er Vitamin C. Präparate mit Vitamin C halten die Haut aber nicht jung. Zu diesem Schluss kam 2017 eine Übersichtsstudie der Otago-Universität in Neuseeland. Zudem sei es fraglich, wie viel Vitamin C aus Kapseln überhaupt in die Haut gelange. Die Forscher gehen aufgrund der Studien davon aus, dass Vitamin C besser in der Haut wirkt, wenn man es als Creme aufträgt. So unterstützt es die Wundheilung und hilft, Hautzellen zu reparieren, die durch UVLicht geschädigt sind.
Fettsäuren: Gesunde, ungesättigte Fettsäuren wie Omega 3 und Omega 6 können zumindest bei gewissen Hautkrankheiten helfen. Günther Hofbauer sagt: «Präparate mit Omega6-Fetten aus Nachtkerzenöl beruhigen trockene und juckende Haut bei Neurodermitis.» Das Präparat Epogam mit Nachtkerzenöl bezahlt die Grundversicherung, wenn der Arzt es verschreibt. Es gibt auch Hinweise, dass Omega 3 aus Fischöl bei Neurodermitis und Schuppenflechte helfen kann.
Gut für die Haut: Viel Schlaf, wenig Alkohol, keine Zigaretten
Um die Haut schön zu erhalten, gibt es Besseres als teure Präparate. Hautarzt Günther Hofbauer empfiehlt einen guten Sonnenschutz, da UV-Strahlen die Haut schneller altern lassen. «Sinnvoll ist auch ein gesunder Lebenswandel mit genügend Schlaf, wenig Alkohol und ohne Zigaretten.»
Damit die Haut elastisch bleibt, sollte man sie jeden Tag eincremen. Das ist vor allem im Winter wichtig, weil die kalte Luft die Haut austrocknet. Wer ausgewogen isst, ist mit allen Nährstoffen gut versorgt. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser empfiehlt die mediterrane Kost: Gemüse, Früchte und Vollkorngetreide versorgen die Haut mit allen wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen. Nüsse, Fisch sowie Oliven- und Rapsöl liefern wertvolle Fettsäuren für die Haut.
Das tut der Haut im Winter gut
- Duschen Sie nicht zu heiss und nicht zu lange.
- Verwenden Sie ein rückfettendes Reinigungsmittel (Syndet) statt Seife. Es trocknet die Haut weniger stark aus.
- Tragen Sie auch tagsüber eine Nachtcreme auf, wenn Sie längere Zeit draussen sind. Sie fettet stärker und schützt die Haut. Verwenden Sie zusätzlich einen Sonnenschutz.
- Tragen Sie Handschuhe, und cremen Sie die Hände ein.