Bei Vorhofflimmern schlägt das Herz unregelmässig und häufig zu schnell. Vor allem Senioren sind betroffen: Bei den über 75-Jährigen ist es jeder Zehnte. Viele spüren das gar nicht und haben keine Beschwerden. Das Unispital Zürich schreibt auf seiner Website, es sei «äusserst wichtig», Vorhofflimmern selbst dann zu erkennen. Denn es könne Schlaganfälle verursachen.
Erst kürzlich empfahl auch die Europäische Gesellschaft für Kardiologie in neuen Richtlinien, dass Senioren sich regelmässig beim Arzt auf Vorhofflimmern testen lassen. Das Unispital Basel bietet seit kurzem eine «innovative Methode» an, um solche Störungen frühzeitig zu erkennen: Leute können mit ihrer Smartwatch den Herzrhythmus erfassen und die Daten an das Unispital schicken. Per E-Mail bekommen sie dann die Diagnose und die Empfehlung, allenfalls einen Arzt aufzusuchen.
Zu Schlaganfällen kommt es auch mit Blutverdünnern
Doch solche Massentests auf Vorhofflimmern schützen nicht vor Schlaganfällen. Das zeigen zwei neue Studien. Die eine untersuchte 12'000 US-Amerikaner über 70 Jahren, die zweite Studie fast 28'000 Senioren aus der Region Stockholm in Schweden. Bei jeweils der Hälfte der Teilnehmer suchten die Forscher nach unbemerktem Vorhofflimmern. Stellten sie dieses fest, mussten Betroffene meistens Blutverdünner schlucken. Trotzdem erlitten sie danach ebenso oft einen Schlaganfall wie die Vergleichsgruppe.
Die Autoren der Zeitschrift «Gute Pillen, schlechte Pillen» sprechen sich deshalb gegen solche Tests aus. Es sei «mehr als fraglich», ob sie den Leuten eher nützen als schaden. Denn die Therapie mit Blutverdünnern habe auch Nachteile. Es kann zu schweren Blutungen kommen. Der Herzspezialist Stefan Christen vom Stadtspital Zürich Waid bestätigt: «Bei Personen ohne Beschwerden bringen Massentests nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft keine Vorteile.»
Er rät davon ab, den Herzrhythmus mit der Smartwatch selber zu überwachen: «Wir haben immer häufiger gesunde Leute in der Sprechstunde, die sich dadurch verunsichern lassen.» Der Arzt Laurent Roten, Spezialist für Herzrhythmusstörungen am Inselspital in Bern, empfiehlt eine simple und kostengünstige Methode: «Bei jedem Arztbesuch sollte man bei Senioren jeweils kurz prüfen, ob der Puls unregelmässig ist.» Ist dies der Fall, dann lässt sich mit einem Elektrokardiogramm überprüfen, ob es sich um Vorhofflimmern handelt.
Blutverdünner nur bei klarem Schlaganfallrisiko nötig
Ob eine Therapie mit Blutverdünnern nötig ist, hängt von weiteren Risikofaktoren ab, zum Beispiel von hohem Blutdruck, Diabetes oder Krankheiten der Herzkranzgefässe. Der Basler Arzt Urspeter Masche sagt: «Blutverdünner sind nur sinnvoll, wenn Betroffene insgesamt ein deutliches Risiko für einen Schlaganfall haben.» Das Unispital Zürich schreibt, man unterziehe nur Patienten mit «sehr hohem Risiko» einem Test. Massentests auf Vorhofflimmern befürworte man nicht.
Vorhofflimmern – so schützen Sie sich
- Trinken Sie möglichst wenig Alkohol.
- Gönnen Sie sich genügend Erholung und Schlaf. Hilfreich sind Atem- oder Entspannungsübungen.
- Vermeiden Sie Übergewicht. Gut fürs Herz ist die Mittelmeerkost.
- Verzichten Sie auf Fischölpräparate, wenn Sie bereits Herzprobleme haben. Fischöl kann Vorhofflimmern fördern.
- Bewegen Sie sich regelmässig, aber nicht allzu intensiv. Moderates Training schützt am besten.