Viele Leute reagieren auf das Wetter. «Bei Föhn bekomme ich Kopfweh», sagt etwa Barbara Mieg aus Stäfa ZH. Und Anna Schmid aus Zürich wird es bei Bise schlecht. In Deutschland betrifft Wetterfühligkeit laut einer repräsentativen Umfrage die Hälfte aller Leute.
Wissenschaftliche Beweise gibt es dafür kaum. Das zeigte kürzlich eine grosse Übersichtsarbeit der Universität Sydney in Australien. Wissenschafter verglichen die Daten von über 15'000 Menschen aus elf Studien.
Die Forscher untersuchten, ob das Wetter einen Einfluss hat auf rheumatische Krankheiten wie Arthritis, Arthrose im Knie, an der Hüfte oder der Hand oder Schmerzen in Knie oder Rücken. Dazu bezogen sie Feuchtigkeit, Luftdruck, Temperatur und Niederschlag mit ein. Ihre Resultate veröffentlichten sie Anfang Jahr im Fachblatt «Seminars in Arthritis and Rheumatism». Einen Zusammenhang konnten sie nicht feststellen. Nur einige kleinere der untersuchten Studien liefern Hinweise.
So dokumentierte etwa eine Studie, dass Patienten mit Kniearthrose mehr Schmerzen hatten bei feuchtkaltem Wetter als bei warmem und trockenem Wetter. Die Resultate waren aber zu wenig aussagekräftig.
Wetterfühligkeit ist schwierig zu messen
Nur bei Gicht konnten die australischen Forscher einen klaren Zusammenhang feststellen: Gichtschübe nahmen ab Temperaturen von 21 Grad bei einer gleichzeitigen Luftfeuchtigkeit von unter 60 Prozent zu. Gichtpatienten hatten im Herbst und Winter, wenn es kalt ist, weniger oft geschwollene Gelenke. Für Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser ist klar: «Es ist schwierig, Wetterfühligkeit genau zu messen. Menschen nehmen Dinge sehr unterschiedlich wahr».
Ein möglicher Grund für Rheumaschmerzen bei nasskaltem Wetter sei, so Walser, dass sich bei Kälte die Muskeln zusammenziehen und verkrampfen.
Der emeritierte ETH-Professor für Atmosphärenphysik Hans Richner sieht es ähnlich. Für ihn steht ausser Frage, dass Temperatur, Feuchtigkeit, Strahlung und Wind einen Einfluss auf uns haben – insbesondere auf den Kreislauf. Dies nachzuweisen, sei aber schwierig.
Wetter nur ein Faktor unter mehreren
Eine aktuelle Arbeit der amerikanischen Universität Mississippi über Migräne kommt zum Schluss, dass das Wetter allein wohl nur eine kleine Rolle beim Auftreten von Schmerzen spielt. In Kombination mit anderen Faktoren könnte das Wetter aber Auslöser sein, so die Forscher im Fachblatt «Current Pain and Headache».
Physiker Hans Richner: «Jeder Mensch reagiert anders auf Umwelteinflüsse. Und das Wetter ist nur ein winziger Teil davon.» Viele andere Dinge beeinflussen unser Wohlbefinden, zum Beispiel Essen, Schlaf und zwischenmenschliche Beziehungen.
So gewöhnen Sie sich an Wetterumschwünge
• Gehen Sie jeden Tag nach draussen, bei jedem Wetter. So gewöhnt sich der Körper an wechselnde Bedingungen.
• Wechselduschen, KneippBäder und Saunieren können ebenfalls helfen.
• Ziehen Sie sich nicht zu warm an. Wählen Sie Kleider, in denen Sie tiefe Temperaturen zwar spüren, aber nicht frieren.
• Reduzieren Sie Stress und entspannen Sie sich aktiv, etwa mit Atemübungen.
• Lassen Sie sich vom Hausarzt auf mögliche Krankheiten wie Rheuma oder Migräne abklären.
Umfrage: Sind Sie wetterfühlig?
Anna Schmid, 73, Zürich
«Ja, bei Bise ist mir schlecht und ich habe Kopfweh. Und bei Kälte habe ich ein Stechen an der Schläfe. Gegen starke Schmerzen nehme ich ein Medikament. Sonst reicht ein Hot Pack oder ein warmer Waschlappen.»
Kai Kalfass, 63, Zürich
«Nein, ich hatte noch nie Kopfweh in meinem Leben. Ich glaube, das liegt daran, dass ich viel in der Natur bin und Krafttraining mache. Das tut mir gut. Ausserdem rauche ich nicht und trinke nur wenig Alkohol.»
Barbara Mieg, 59, Stäfa
«Ja, bei Föhn habe ich Kopfweh. Bei Vollmond schlafe ich schlecht und mein ganzer Körper fühlt sich schwerer an als sonst. Ich nehme keine Medikamente und versuche, mich zu entspannen.»