Seit Jahren bietet die Therapeutin Lucianna Braendle in Winterthur ZH Kuschelabende an. Dabei treffen sich zehn bis zwanzig Frauen und Männer in einem Raum in Winterthur. Dort kuscheln sie miteinander, um­armen und streicheln sich (Gesundheitstipp 6/2010). Das sei gesund, senke den Blutdruck und stärke das Immunsystem, sagt Braendle. Die Anlässe finden ein- bis zweimal pro Monat statt. In Basel, Luzern und weiteren Städten gibt es ähnliche Veranstaltungen. Einige wurden aber wegen der Corona-Pandemie abgesagt. 

Lucianna Braendle bietet weiterhin Kuschelabende an – mit Schutzkonzept: Die Teilnehmer ziehen eine Maske an, bringen ein Desinfektionsmittel mit und sollen sich bei der Veranstalterin melden, falls sie nach dem Kuscheln am Coronavirus erkranken.

Ärzte schütteln den Kopf. Stefan Markun, Oberarzt am Institut für Hausarztmedizin der Uni Zürich, sagt: «Kuschelabende zählen zu den Veranstaltungen mit hohem Ansteckungsrisiko.» Sporttrainings mit Körperkontakt seien wegen des Risikos zurzeit verboten. Der Zürcher Herzspezialist Stefan Christen sagt: «Alle Ex­perten empfehlen, Körperkontakt zu vermeiden.» Es sei «unverständlich», dass noch Kuschelabende angeboten würden.

Der Infektiologe Christian Ruef von der Klinik Hirslanden in Zürich hält das Schutzkonzept für eine «Alibiübung». Weder Masken noch Desinfektionsmittel könnten den nötigen Abstand ersetzen. Ruefs Fazit: «Solche Veranstaltungen sollte man während der Pandemie verbieten.» Die ­Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich sagt, sie habe der ­Veranstalterin mitgeteilt, dass ihr Schutzkonzept ungenügend sei.

Lucianna Braendle sagt zur Kritik, das Kuscheln stärke das Immunsystem. Noch nie sei ein Teilnehmer wegen des Corona­virus krank geworden. Kurz nach der Anfrage des Gesundheitstipp sagte sie jedoch den am 4. Dezember geplanten Kuschelabend ab – «wegen behördlicher Aufforderung».