Leute ab 60 Jahren sollen täglich Präparate mit Vitamin D schlucken – selbst im Sommer: Das rät das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit. Doch diese Empfehlung ist schon länger in der Kritik. Zahlreiche Studien zeigen nämlich, dass die Tropfen kaum nützen. Jüngstes Beispiel: Zürcher Forscher untersuchten drei Jahre lang 2000 gesunde Senioren. Die einen erhielten Vitamin-D-Präparate, die anderen ein Scheinmittel. Resultat: Die Präparate nützten Gesunden nichts (Gesundheitstipp 1/2021).

Die Expertengruppe des Bundes erklärte darauf, man gehe «über die Bücher», wie ihr Präsident Philipp Schütz bei einem Interview im Schweizer Fernsehen erklärte. Doch das waren leere Worte: Der Bund hält an seiner Empfehlung fest. Die Ernährungs­kommission sei «nach vertiefter Diskussion zur Überzeugung gelangt», dass man nichts ändern müsse. Die Begründung: Die Präparate würden zwar nicht allen nützen, aber auch nicht schaden.

Experten sehen das kritisch. Thomas Rosemann, Direktor des Instituts für Hausarztmedizin am Universitätsspital Zürich, sagt: «Ich weiss nicht, auf welcher Grundlage die Empfehlung aufrechterhalten wird. Wissenschaftliche Daten sind es jedenfalls nicht.» Etzel Gysling, Herausgeber der Fachzeitschrift «Pharma-Kritik», sagt: «Die allermeisten jün­geren und älteren Personen brauchen keine Vitamin-D-Tropfen.» Er empfiehlt sie lediglich für Säuglinge, Leute mit dunkler Haut oder für Schwerkranke, die kaum an die frische Luft kommen.

Philipp Schütz von der Expertengruppe des Bundes sagt gegenüber dem Gesundheitstipp, viele Leute hätten zu wenig Vitamin D. Das sei ungesund. Präparate könnten bei älteren Leuten, die in Heimen leben, das Risiko für Stürze und Knochenbrüche senken.