Goldgelb, orange, rotbraun: Im Herbst zeigen sich Lärchenwälder in bunten Farben. «Das ist unglaublich schön», sagt der 76-jährige Wanderleiter Kurt Seiler aus Siders VS. Das könne man besonders gut im Walliser Lötschental beobachten: «Dort zieht sich der Lärchenwald von den Dörfern im Tal bis zur Waldgrenze.»
Auf der Nordseite des Lötschentals sieht man die Berner Alpen, im Süden erhebt sich das markante, fast 4000 Meter hohe Bietschhorn. Am besten kann man das ruhige Tal erkunden, indem man mit der Luftseilbahn zur Lauchernalp hochfährt.
Dort beginnt der Lötschentaler Höhenweg, der mit wenig Steigung bis zur Fafleralp im hinteren Teil des Tals führt. Wer will, kann bis zum Guggisee und zur Anenhütte weiterwandern.
In höheren Lagen verfärben sich Lärchen früher
Die Lärchen verfärben sich im Herbst, weil sich der grüne Farbstoff in den Nadeln schneller zersetzt als rote und gelbe Stoffe. Der Biologe Yann Vitasse, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, erklärt: «Die beste Zeit, um die goldenen Lärchen zu erleben, ist in der zweiten Oktoberhälfte.» Vitasse empfiehlt aber, Lärchenwälder in höheren Lagen wie im Lötschental schon früher zu besuchen. Denn sie verfärben sich früher als tiefer gelegene Wälder.
Allerdings verändert sich der Zeitpunkt des Farbwechsels laut Vitasse Jahr für Jahr. Er hängt neben der Höhe von der Lufttemperatur ab. Und wenn ein Sturm aufkommt, ist die goldene Pracht schnell weg. Der Experte rät Wanderern, sich im Internet über den Stand der Verfärbung zu informieren, zum Beispiel mit Hilfe von Webcams .
Lärchengürtel vom Wallis übers Tessin bis zum Engadin
Ein Blick ins Landesforstinventar zeigt: In den Schweizer Südalpen gibt es einen klar sichtbaren Lärchengürtel. Er zieht sich vom Wallis übers Tessin bis zum Engadin. Im Berner Oberland und in der Zentralschweiz sind Lärchen hingegen viel seltener. Die meisten findet man in Lagen oberhalb von 1400 Metern. Der Gesundheitstipp hat acht leichte bis sportliche Routen durch schöne Lärchenwälder zusammengestellt (detaillierte Touren, siehe PDF dieses Artikels).
Wandern im Wald ist nicht nur ein Fest für die Augen – es gilt auch als sehr gesund. Japaner verwenden dafür den Begriff Shinrin Yoku, auf Deutsch Waldbaden. Studien zeigten, dass der Aufenthalt im Wald Stress abbaut, den Kreislauf und das Immunsystem stärkt. «Lärchen sind ganz spezielle Bäume», sagt Wanderleiter Kurt Seiler. «Sie werden viel älter als Tannen. Selbst wenn ein Blitz einschlägt, sterben sie nicht.» Ihr Holz gilt als sehr widerstandsfähig. «Es ist ein guter Baustoff», sagt Seiler. «Viele Alphütten und Wasserleitungen wurden aus Lärchen hergestellt.»
Einige der ältesten Lärchen der Schweiz stehen im Hittuwald beim Simplonpass. Experten der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft haben berechnet, dass sie 700 bis 850 Jahre alt sind. Eine Rundwanderung ab Simplon Dorf ermöglicht, die uralten Bäume zu erleben.
Zu Besuch beim König von Balavaux
Auch auf der Alp Balavaux bei Haute-Nendaz im Unterwallis steht eine rund 850 Jahre alte Lärche. Ihr Umfang beträgt fast elf Meter. Die Einheimischen nennen diesen Baum Roi de Balavaux, König von Balavaux. Er ist angeblich die grösste Lärche im Alpenraum. Den knorrigen Baumriesen kann man bewundern, wenn man von Haute-Nendaz zur ehemaligen Wasserleitung Grand Bisse de Saxon wandert.
Dieser folgt man auf einem bequemen Pfad bis Les Prarions auf der anderen Seite des Dent de Nendaz und steigt dann durch den lockeren Lärchenwald auf. Der Wanderweg nach Balavaux führt direkt am Roi de Balavaux vorbei. Die Fahrt mit der Luftseilbahn von Haute-Nendaz zum Tracouet-See würde zwar einige Höhenmeter ersparen, doch sie ist diesen Herbst nicht in Betrieb.
Sportliche Tour durchs Onsernonetal
In Tessiner Bergtälern sind Lärchen ebenfalls weit verbreitet – zum Beispiel im Valle Onsernone. Auf einem Rundweg vom Dörfchen Spruga zur Alpe Ruscada und hinunter nach Comologno taucht man in einen stattlichen Lärchenwald ein. Der Weg führt durch den Naturpark Riserva forestale Onsernone. Vorsicht: Das ist eine Tour für sportliche Wanderer. Denn im Onsernonetal führen die meisten Wege entweder steil bergauf oder bergab. Weniger streng ist der Rundweg von Dalpe in der Leventina ins Val Piumogna.
Dabei gelangt man zu einem wunderschönen Lärchenwald, dem Boscobello. Dort findet man eine traumhaft schöne Waldlichtung, auf der Bauern früher ihr Vieh weiden liessen. Hier kann man eine Pause fürs Picknick einlegen und die Seele baumeln lassen. Der Rückweg nach Dalpe führt an einem eindrücklichen Wasserfall vorbei. Das Val Piumogna ist im Bundesinventar der wertvollsten Schweizer Landschaften eingetragen.
Der 57-jährige Wanderleiter und Buchautor David Coulin aus Weggis LU sagt: «Besonders schön sind Lärchenwälder, wenn schon ein wenig Schnee gefallen ist.» Die goldgelben Nadeln kontrastieren dann mit dem Schnee und den Farben des Himmels. Coulin empfiehlt eine Rundwanderung oberhalb von Feldis, einem Bündner Bergdorf am Eingang des Domleschgtals. «Die Route führt durch sehr schöne Lärchenbestände», sagt er.
«Vom Feldiser Hausberg Mutta aus blickt man auf leuchtende Lärchenwälder auf der anderen Talseite und über das ganze Domleschg.» Der Künstler Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) hat die Herbstfarben der Landschaft um Davos in bunten Gemälden festgehalten. Kirchner wohnte vor rund 100 Jahren im Haus «In den Lärchen» in Davos Frauenkirch. Auf den Spuren des Malers kann man eine gemütliche Wanderung ins Sertigtal unternehmen. Jede Stunde fährt der Bus zurück nach Davos, am Wochenende sogar im Halbstundentakt. Bequemer geht es nicht.
Wildromantische Wanderung im Val Bever
Zauberhafte Lärchenwälder prägen im Herbst auch die Landschaften des Engadins im Kanton Graubünden. Auf einer Tour im wildromantischen Val Bever kann man den Lärchen- und Arvenwald geniessen, vom Talboden bis zur Waldgrenze auf 2200 Metern. Wer über eine gute Kondition verfügt, wandert über den Suvrettapass bis nach Champfèr. Dort schweift der Blick über die Engadiner Seen und die Dreitausender des Rosatschmassivs. Wer nicht so weit wandern will, kann die Tour abkürzen.
Im hinteren Teil des Val Bever, zum Beispiel bei der Alp Zembers da Suvretta, legt man eine Mittagspause ein und lässt die prächtige alpine Landschaft auf sich einwirken. Danach geht es zurück nach Bever.
Tipps für genussvolle Lärchenwanderungen
• Wählen Sie eine Tour, die zu Ihrer Fitness passt. Denken Sie bei der Planung daran, dass die Tage im Herbst kürzer werden. • Beachten Sie die Länge und die Höhendistanz der Routen. Für 5 Kilometer Weg in flachem Gelände rechnet man eine Stunde Wanderzeit, für 100 Meter Aufstieg zusätzlich eine Viertelstunde. Hinzu kommen 5 Minuten Rast pro Stunde und die Mittagspause.
• Den optimalen Zeitpunkt für eine Lärchenwanderung zeigt der «Laubtracker» des Tourismusverbandes an. Er ist mit Webcams im ganzen Alpenraum verbunden. Zu finden auf Myswitzerland.ch " Erlebnisse " Herbst " Laubtracker.
• Konsultieren Sie vor einer Tour den Wetterbericht. Achten Sie darauf, ob in höheren Lagen schon Schnee liegt. • Tragen Sie feste Wanderschuhe mit griffigem Profil. Nehmen Sie warme Kleider und einen Regenschutz mit. Packen Sie genügend Proviant und Wasser ein. Bei langen Abstiegen sind Wanderstöcke eine Hilfe.
• Nehmen Sie eine Wanderkarte im Massstab 1:25'000 mit. Laden Sie digitale Karten aufs Handy, damit Sie sie auch ohne Internet verwenden können.
• Buchtipp: Luzius Theler, Thomas Andenmatten: «Lärchengold und Gletscherweiss», Weber Verlag, ca. Fr. 52.– (Neuauflage Anfang November)