Bei den letzten eidgenössischen Abstimmungen vom 8. März 2015 gaben 40 538 Stadt-Basler ihr Stimmcouverts ab. Die offizielle Abstimmungsstatistik weist aber nur 39 786 Couverts aus. 752 der Stimmrechtsausweise zählten nicht. Grund: Die vorfrankierten B-Post-Couverts trafen zu spät auf der Stadtkanzlei ein. 

Das ist kein Einzelfall. In Winterthur trafen bei den Kantons- und Re­gierungs­ratswahlen vom 12. April 120 Briefstimmen zu spät ein. 

Die Stadt St. Gallen zählt im Durchschnitt 20 verspätete Couverts. In der Grossstadt Zürich zählen die ­Statistiker «durchschnittlich eine mittlere zweistellige Zahl» von Nachzügler-Couverts. Glarus gibt an, praktisch nie verspätete Abstimmungspost zu erhalten. 

Weshalb diese Differenzen? Zwischen Gemeinden und Post bestehen unterschiedliche Verträge zur Beförderung von Stimmcouverts. Über den Inhalt der Verträge will die Post keine Auskunft geben. 

Zufriedenheit in Zürich, Ärger in St. Gallen

Aus Kostengründen beschränkt man sich in der Stadt Zürich auf vorfrankierte B-Post-Antwortcouverts. Trotzdem kommen nur wenig Brief­stimmen zu spät an. Sprecherin Christine Stücheli ist überzeugt, dass die Post spät aufgegebene Couverts «mit einem gewissen Goodwill behandelt».

In der Stadt Glarus spediert die Post die Couverts normalerweise per B-Post, wenn es zeitlich knapp wird aber per A-Post. 

Eine solche Regelung kannte auch die Stadt St. Gallen. Bis die Post dies wegen Änderungen bei der Briefsortierung stoppte. Die Nachfolgelösung mit B-Post bewährte sich nicht. Die zu spät eingetroffenen Stimmcouverts häuften sich. 
Deshalb werden nun in St. Gallen alle Stimmcouverts per A-Post spediert – mit entsprechenden Kosten für die Stadt. Stephan Wenger, Sekretär des Stimmbüros der Stadt St. Gallen, ­ärgert sich: «Die Post sollte für alle Gemeinden die gleichen Dienstleistungen anbieten.» 

Wenn wenige Stimmen entscheiden

Dass je nach Vertrag mit der Post ein Stimmcouvert rechtzeitig ankommt oder nicht, kann Folgen haben. Zwei Beispiele: 2002 schickten die Winterthurer Stimmbürger die SP-Politikerin Pearl Peder­gnana mit nur einer Stimme Vor­sprung in den Stadtrat. Und 2004 zog Regula Rytz vom Grünen Bündnis mit einem Vorsprung von lediglich 19 Stimmen in die Berner Stadtregierung ein. 

Abstimmungen: In neun Kantonen portofrei

In vielen Gemeinden müssen die Stimmbürger bei der brieflichen Stimm­abgabe ihr Couvert selbst frankieren. Portofrei zurückgeschickt werden können die Stimmcouverts in den Kantonen Aargau, Appenzell-Innerrhoden, Basel-Stadt, Genf, Glarus, Obwalden, St. Gallen, Zug und Zürich.

In den Kantonen Bern und Luzern ist es den ­einzelnen Gemeinden überlassen, ob sie für die Portokosten der Rücksendung des Abstimmungs­couverts aufkommen. 

Vor zwei Jahren schlug die Luzerner SVP-Nationalrätin Yvette Estermann vor, dass der Bund die kostenlose briefliche Stimmabgabe für die ganze Schweiz einführt.

Der Bundesrat war dagegen. Es gebe keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen würden, dass die Portofreiheit die Stimmbeteiligung erhöhe. Zudem würde der Bund in die kantonale und kommunale Finanzautonomie eingreifen. 

Die Portokosten für die öffentliche Hand pro ­eidgenössische Abstimmung beziffert der Bundesrat mit «etwas über einer Million Franken».