Dem Suff der Kinder einen Riegel vorschieben
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Gesundheitstipp 3/2001
01.03.2001
Martha Maier traut ihren Augen nicht. Sie hat ihren Sohn Ueli entdeckt, in einer Gruppe Vierzehnjähriger. Entsetzt sieht sie den Sekt kreisen. Die Kinder, alle aus einer Klasse, grölen im Chor «Vier Flaschen wollen wir von euch sehen». Später erzählt Ueli: «Die Sektparty war keine Ausnahme.»
Jeden Mittag treffen sich die Kinder während der grossen Pause auf dem Vorplatz ihrer Mittelschule und trinken sich einen kleinen Rausch an. Wer das nächste Mal den Alkohol mitbringt...
Martha Maier traut ihren Augen nicht. Sie hat ihren Sohn Ueli entdeckt, in einer Gruppe Vierzehnjähriger. Entsetzt sieht sie den Sekt kreisen. Die Kinder, alle aus einer Klasse, grölen im Chor «Vier Flaschen wollen wir von euch sehen». Später erzählt Ueli: «Die Sektparty war keine Ausnahme.»
Jeden Mittag treffen sich die Kinder während der grossen Pause auf dem Vorplatz ihrer Mittelschule und trinken sich einen kleinen Rausch an. Wer das nächste Mal den Alkohol mitbringt, bestimmen sie am Ende ihrer «Sitzung». Martha Maier will ihrem Sohn die Sektpartys verbieten. Ueli lehnt empört ab. Für ihn ist es Ehrensache, mitzumachen. Ganz egal, wie schwer es danach fällt, in den Schulstunden aufzupassen.
Martha Maier ist ratlos: Es hilft nichts, den Mahnfinger zu heben. Der Druck der Gleichaltrigen ist grösser. Ausserdem empfindet Ueli die Worte der Mutter als heuchlerisch. Hat nicht auch sein Vater eine Wein- und Whiskysammlung im Keller?
Jugend und Alkohol ist leider wieder ein Thema - nachdem lange Zeit Drogen im Vordergrund standen. Meist trinken die Kinder Bier, Malibu oder Wodka Red Bull in Gruppen. Man sitzt in der Wohnung eines Kollegen und genehmigt sich noch zwei Gläschen.
Manches kommt nicht so harmlos daher: So verteilte eine Clique an einem Schulhausfest Cocktails, die in zwei Fällen Alkoholvergiftungen zur Folge hatten.
Fast jeder Erwachsene erinnert sich an jugendliche Alkoholexzesse. Trotzdem müssen wir als Mutter, Vater oder Lehrperson reagieren.
Jugendliche trinken, weil es Mode ist und weil die anderen es auch tun. Trinken ist eine Möglichkeit, sich gegenüber den gleichaltrigen Kollegen und Kolleginnen zu profilieren und Stärke zu demonstrieren.
In einzelnen Cliquen gehört das Trinken zu einem Mannbarkeits-Ritual. Andere Herausforderungen gibt es ja nicht, um zu demonstrieren, dass man von nun an eine Erwachsenenrolle beansprucht. Wer trinkt, wagt etwas, gehört zu den Grossen. Um erwachsen zu werden, muss man etwas Mutiges tun. Die Reaktionen der Erwachsenen beweisen, dass der Mechanismus funktioniert. Sie sind empört, verängstigt und beginnen erst jetzt, die Jugendlichen richtig zu registrieren.
Alkoholika erleichtern auch den Kontakt unter den Jugendlichen. Diese fühlen sich normalerweise sogar unter Gleichaltrigen gehemmt und verhalten sich ungelenk. Der coole Auftritt überdeckt Unsicherheiten. Plötzlich können sie über Gefühle reden.
Eigentlich sollten Jugendliche frühestens mit 16 oder gar 18 Jahren beginnen, Wein, Schnaps und Bier zu trinken. Das erste Glas Wein geben Eltern ihren Kindern traditionsgemäss an der Konfirmation oder Firmung. In der Praxis bestimmen aber die Jugendlichen den Eintrittsmoment selber.
Wenn Jugendliche mit dem Alkohol anfangen, gilt es, sie nüchtern über die Gefahren zu informieren. Wichtig ist, sie im Gespräch als Erwachsene zu behandeln. Dennoch muss man verhindern, dass Alkohol zur Sucht wird. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Kinder selbst in den Umgang mit Alkohol einzuführen. Ein Verbot erhöht nur die Attraktivität. Ausserdem ist es jetzt an der Zeit, den Jugendlichen mehr Verantwortung zu übertragen. Sie sollen sehen, dass es keinen Alkohol braucht, um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu erringen.
Genau so hat es auch Martha Maier versucht. Seit jenem Exzess auf dem Schulhof bekommt Ueli ganz selbstverständlich bei Anlässen sein Glas Wein. Über die Gefahren des Missbrauchs hat die Mutter mit ihm sachlich gesprochen. Dennoch hat sie vom Schuldirektor verlangt, Alkohol zum Thema im Unterricht zu machen und die Saufgelage zu unterbinden. Denn eines ist sicher: Es braucht auch soziale Kontrolle, damit Alkohol nicht zur selbstzerstörerischen Gewohnheit wird.
Buchtipps
- Allan Guggenbühl: «Pubertät - echt ätzend», Herder-Verlag, Fr. 25.50
- Franz Stimmer/Stefan Müller-Teusler: «Jugend und Alkohol», Blaukreuz, Fr. 26.80
3 Fragen: Die Autoren
Neben Allan Guggenbühl schreiben drei weitere renommierte Psychologen als Autoren für den Puls-Tipp: Julia Onken behandelt Probleme in der Partnerschaft, Verena Kast schreibt über aktives Altern und Klaus Heer über sexuelle Probleme.