Den Bibeli zu Leibe gerückt
Mit Pickeln muss man sich nicht abfinden. Wer unter der Akne leidet, sollte sie mit Salben aus der Apotheke bekämpfen oder zum Arzt gehen.
Inhalt
Haus & Garten 1/2003
01.01.2003
Esther Diener Morscher
Als ich 16 Jahre alt war, hat mir meine Mutter gesagt, ich solle mich ein bisschen mehr waschen, um meine Pickel wegzubringen. Deswegen müsse man nicht zum Arzt», berichtet der heute 20-jährige Michael Keller (Name geändert).
Diese Meinung hält sich hartnäckig. Doch Bibeli haben nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Sie entste-hen durch die hormonellen Umstellungen in der Pubertät. In dieser Zeit produziert die Haut sehr viel Talg.
Kann dieser nicht abfliess...
Als ich 16 Jahre alt war, hat mir meine Mutter gesagt, ich solle mich ein bisschen mehr waschen, um meine Pickel wegzubringen. Deswegen müsse man nicht zum Arzt», berichtet der heute 20-jährige Michael Keller (Name geändert).
Diese Meinung hält sich hartnäckig. Doch Bibeli haben nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Sie entste-hen durch die hormonellen Umstellungen in der Pubertät. In dieser Zeit produziert die Haut sehr viel Talg.
Kann dieser nicht abfliessen, weil Hautschüppchen die Poren verschliessen, entstehen so genannte Mitesser - kleine schwarze Punkte auf der Haut. Mitesser können sich leicht entzünden, dann bildet sich Eiter und ein Pickel beginnt zu spriessen. Unter Umständen fördert übertriebene Reinlichkeit die Akne sogar: Zu viel Waschen trocknet die Haut aus und zerstört den natürlichen Säureschutzmantel (siehe Tipps).
Nebenwirkungen sind inbegriffen
Für den Basler Hautarzt und Aknespezialisten Martin Pletscher ist der erste Pickel in der Pubertät kein Grund, gleich zum Arzt zu gehen. Doch wenn Betroffene unter Akne zu leiden beginnen und Hausmittelchen nichts nützen, empfiehlt Pletscher ärztliche Hilfe. «Auch wenn sich die Pickel so stark entzünden, dass mit bleibenden Narben zu rechnen ist, sollte man zum Arzt.»
Noch immer vertrösten allerdings manche Ärzte Jugendliche und erklären ihnen, dass die Akne von selber wieder verschwindet - allerdings erst im Alter zwischen 20 und 25 Jahren. So lange wollen geplagte Jugendliche zu Recht nicht warten.
Auch Michael Keller ging schliesslich zum Arzt. Dieser empfahl ihm eine desinfizierende Salbe mit dem Wirkstoff Benzoylperoxid, die Keller abends regelmässig dünn auftrug.
Solche Salben sind für rund zehn Franken rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Sie nützen in der Regel gegen leichte Akne. Martin Pletscher rät, die Anwendungshinweise genau zu beachten, «denn die Mittel haben Nebenwirkungen». Tatsächlich liess die Salbe bei Michael Keller die Bibeli zuerst vermehrt aufblühen. Die Haut rötete sich und spannte. Doch nach einigen Wochen gingen die Entzündungen zurück.
Nicht immer ist eine Akne eine vorübergehende Erscheinung während der Pubertät. Auch Erwachsene leiden öfters darunter. Zum Teil breiten sich die Pickel auch bis auf die Brust, den Rücken und die Oberarme aus. Betroffen sind oft Frauen, die unter Stress stehen. Stress kurbelt die Produktion des männlichen Sexualhormons Testosteron an. Und dieses lässt vermehrt die lästigen Pickel spriessen.
Eine östrogenhaltige Antibabypille bringt die stressbedingte Akne bei Frauen oft zum Verschwinden. Umgekehrt kommt es häufig vor, dass Frauen in einer Pillenpause plötzlich mit mehr Pickeln zu kämpfen haben.
Wenn Betroffene unter vielen eitrigen Pickeln leiden, verschreiben Ärzte manchmal auch Antibiotikasalben oder -tabletten, meist in Kombination mit einem Schälmittel. Antibiotika lassen die Aknebakterien absterben. Das Schälmittel löst die Hornhaut ab, welche die Poren verstopft.
«Bei schwerer Akne hilft allerdings oft nur Roaccutan nachhaltig», sagt Markus Fritz, Leiter der Schweizerischen Medikamenten-Informationsstelle. Roaccutan sind Kapseln mit einem Vitamin-A-ähnlichen Wirkstoff. Die Pillen muss man in der Regel über 16 bis 24 Wochen ein- bis zweimal täglich einnehmen. Meistens bringt man damit die Akne definitiv zum Verschwinden. Denn Roaccutan lässt die Talgdrüsen schrumpfen und reduziert die Talgbildung.
Trotzdem verschreiben Hautärzte das Medikament nicht bei ein paar Pubertäts-pickeln. Denn die Nebenwirkungen sind massiv: Roaccutan kann die Schleimhäute austrocknen, Blutfette und die Leberfunktion stören sowie bei ungeborenen Kindern Missbildungen hervorrufen. Ausserdem steht das Medikament im Verdacht, dass es depressiv macht. Wer Roaccutan einnimmt, muss die Dosierung peinlich genau einhalten und regelmässig zur ärztlichen Kontrolle. Meistens sind auch Labortests zur Überprüfung der Leberfunktion nötig.
Aknepatienten brauchen viel Geduld
Selbst mit wirksamen Salben und Pillen ist Akne nie in ein paar Tagen heilbar. Betroffene müssen oft über längere Zeit ihre Haut behandeln, oft sogar mehrmals zum Arzt oder zur Ärztin gehen.
Handkehrum ist es auch nicht ratsam, sich durch die vielen Pickel die Lebensfreude verderben zu lassen. Martin Pletscher und die meisten anderen Fachleute bezweifeln einen generellen Zusammenhang zwischen Ernährung und Akne. Ein Schokolade- oder Pommes-frites-Verbot ist also nicht nötig.