Der Murks mit der Traumfigur
Inhalt
K-Tipp 16/2001
03.10.2001
Bauch-weg-Roller Schmerzen im Kreuz sind programmiert
Erfolgreich vermarktet die Medosan AG den Bauch-weg-Roller. Er verspricht in Kürze eine Traumfigur. Doch Mediziner warnen: «Das Gerät kann Ihre Gesundheit gefährden.»
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Bescheidenheit ist nicht sein Ding. Seit Monaten wirbt Charles Schöbi, Geschäftsführer des Versandhandels Medosan AG, in verschiedenen Tageszeitungen ganzseitig für den so genannten ...
Bauch-weg-Roller Schmerzen im Kreuz sind programmiert
Erfolgreich vermarktet die Medosan AG den Bauch-weg-Roller. Er verspricht in Kürze eine Traumfigur. Doch Mediziner warnen: «Das Gerät kann Ihre Gesundheit gefährden.»
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Bescheidenheit ist nicht sein Ding. Seit Monaten wirbt Charles Schöbi, Geschäftsführer des Versandhandels Medosan AG, in verschiedenen Tageszeitungen ganzseitig für den so genannten Bauch-weg-Roller. «Das Gerät ist ein Renner», jubelt er. «50 000 verkaufte Exemplare in der Schweiz, über 200 000 in Westeuropa und 2,5 Millionen in den USA.» Der Erfolg des Gerätes, das in ähnlicher Form auch in Warenhäusern zu haben ist, basiert auf einem einfachen Rezept: Es verspricht Benützerinnen und Benützern nicht nur innert weniger Tage einen «Superbody». Nein! Es ist bei einem Preis von 69 Franken auch recht günstig und suggeriert zudem, das angestrebte Ziel praktisch ohne Anstrengung zu erreichen. «Nur 5 Minuten täglich genügen», heisst es in der Gebrauchsanweisung. Auf den Knien ein bisschen vor- und zurückgerollt - und aus Schlaffis werden schlanke Supermodels mit Waschbrett-Bäuchen.
«Schön wärs», sagt Christine Armbruster. Denn ganz so einfach und ohne Tücken ist der Gebrauch des Wundergerätes beileibe nicht. Die durchtrainierte Sport- und Aerobiclehrerin am offiziellen Swiss Olympic Medical Center ist schon nach nur zwei, drei Minute vor- und zurückrollen am Ende ihrer Kräfte.
«Untrainierte Leute sind mit dem Gerät erst recht überfordert», sagt sie. Viel schlimmer aber ist: «Die beiliegenden Übungsanweisungen sind ungenau und führen zu falscher Haltung.»
Untrainierte riskieren einen Rückenschaden
Und das mit fatalen Folgen. Laien, die sich ohne Kontrolle durch eine Fachperson durchs Übungsprogramm murksen, werden schon bald wissen, wo sich ihr Kreuz befindet. «Bei Untrainierten», prognostiziert Walter O. Frey, Sportmediziner und Chefarzt des Swiss Olympic Medical Centers, «sind Rückenschmerzen programmiert.»
Doch «Schönheit muss leiden», mögen sich einige Medosan-Kundinnen und -Kunden in der Hoffnung auf eine Wespentaille und einen Waschbrettbauch denken. Aber gerade in diesem Punkt, den die Werbung vollmundig herausstreicht, versagt der Bauch-weg-Roller kläglich. «Selbst wer häufig mit ihm übt, verbrennt zu wenig Kalorien, um abzunehmen», sagt Frey. Und: «Der Roller trainiert hauptsächlich die Rumpfmuskulatur. Bauchmuskeln werden mit ihm nicht aufgebaut, höchstens ein bisschen gestrafft.»
An Charles Schöbi perlt derlei Kritik ab. Darin ist er - auch ohne Bauch-weg-Roller - wohltrainiert. Er leitete bereits den Herz- und den Ambassador-Versand. Auch deren Produkte und Werbemethoden wurden des Öftern von Fachleuten und dem K-Tipp kritisiert.
Für Schöbi ist und bleibt der Roller ein Knüller. Dabei beruft er sich auf den österreichischen Gesundheitsguru Hademar Bankhofer. Im Wiener Boulevard-Blatt «Kronenzeitung» lobte dieser den Bauch-weg-Roller in einer Werbekampagne seitenlang. Und nebenbei schrieb er auch noch rasch das Buch «Roll den Bauch weg mit Prof. Bankhofer».
«Professor Bankhofer ist für mich der ausschlaggebende Fachmann», sagt Schöbi. «Die Meinung anderer Ärzte interessiert mich nicht. Die stehen nur hinter etwas, wenn sie dafür bezahlt werden.»
Dabei verschweigt der Versandhändler aber wesentliches: Bankhofer ist Jurist, nicht Arzt. Der «Professor» wurde ihm in Österreich ehrenhalber verliehen - dort gehört so ein Titel zum guten Ton. Und dank der bezahlten Zeitungskampagne hat nicht nur die «Kronenzeitung» kräftig verdient, sondern auch der fleissige Buch-Schreiber.
Geschäft mit dubiosen Gesundheits-Artikeln
Und noch etwas: Die Medosan AG preist nicht nur den Bauch-weg-Roller an. Im Sortiment der Firma sind weitere Gesund- und Schlankheitsmittel, denen die Werbung wahre Wunderkräfte andichtet. Das Konsum-Magazin Espresso von DRS 1 hat diese Produkte von ausgewiesenen Medizinern beurteilen lassen, darunter den Raucherstopp-Pfefferminzspray, das Hörgerät Supermini-Ear, das Brusterweiterungs-System Aphrodite und das Schlankheitsmittel L-Carnitin.
Fazit gemäss den von Espresso angefragten Medizinern: Keines der Produkte hält, was es verspricht. Spürbare Auswirkungen haben die Wundermittel höchstens im Portemonnaie der Kunden. Dort hinterlassen sie ein Loch.
Und wer hofft, dieses dank den Gewinnversprechungen der Medosan AG («Sie sind einer unserer Fr. 50 000.--Gewinner») innert Kürze wieder zu stopfen, setzt auf eine verschwindend kleine Chance.
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Urteil des Sportmediziners: «Bedingt empfehlenswert bis überflüssig»
Versand- und Warenhäuser bieten eine Fülle billiger Fitnessgeräte an. Sie stärken den Kreislauf, lassen Muskelberge wachsen und sorgen für eine schlanke Taille - das versprechen jedenfalls die Prospekte.
Walter O. Frey, Sport- und Chefarzt am Swiss Olympic Medical Center, nimmt drei aktuelle Geräte unter die Lupe.
Sein Urteil: «Die Geräte sind höchstens bedingt empfehlenswert, wenn nicht gar überflüssig.»
Bauchmuskeltrainer Abflex (um 90 Franken)
Werbeversprechen: perfekter Bauch, fester Busen und eine schlanke Taille
Urteil Walter O. Frey: «Das Plastik-Gerät funktioniert nach dem Prinzip: Ein Elefant steht mir auf dem Bauch und deshalb muss ich Gegendruck machen. Es trainiert aber nur die vorderen geraden Bauchmuskeln. Die wichtigen seitlichen Bauchmuskeln kann man damit unmöglich trainieren.» Gratis-Alternative: Situps für die geraden und schrägen Bauchmuskeln.
Mini-Stepper (um 70 Franken)
Werbeversprechen: Stärkung von Muskeln und Herz
Urteil Walter O. Frey: «Herz und Muskeln werden mit dem Mini-Stepper nicht trainiert, weil das Steppen auf dem kleinen Gerät nur Gehenan-Ort simuliert und die Pulsfrequenz kaum erhöht. Einen echten Trainingseffekt haben nur grosse Stepper, wie man sie in Fitness-Center findet.» Gratis-Alternative: Jeden Tag ein halbstündiger Fussmarsch an der frischen Luft.
Gummizug Bodylastic (um 70 Franken)
Werbeversprechen: Allround-Training für Herz, Kreislauf, Muskeln
Urteil Walter O. Frey: «Der Kreislauf lässt sich damit nicht trainieren, die Muskeln hingegen schon. Aber: Die im Prospekt vorgeschlagenen Übungen müssen korrekt mit geradem Rücken ausgeführt werden - sonst drohen Rückenschmerzen. Wenn ein Gerät so viele Anwendungsmöglichkeiten verspricht, ist keine davon optimal.» Gratis-Alternative: Ein einfaches Gummiband oder ein alter Veloschlauch.
Das tägliche 5-Minuten-Programm für die Faille
Wer trainieren will, kann das auch ohne Bauch-weg-Roller tun. Mit demselben Zeitaufwand, ohne Rückenschmerzen - und erst noch gratis.
Christine Armbruster, Sport- und Aerobiclehrerin am Swiss Olympic Medical Center, zeigt zwei Übungen, die das Training mit dem Bauch-weg-Roller ersetzen. Ihr Tipp: «Machen Sie nur so viele Wiederholungen, dass Sie beim Aufhören die Übung noch dreimal machen könnten.»