Die Lust ist da, aber der Penis bleibt schlaff. Seit einer radikalen Prostata-Operation vor 19 Jahren ist Günther Steinmetz impotent: «Damals hiess es, das wird schon wieder.» Dem war nicht so. Der heute 72-Jährige musste lernen, damit zu leben. Der Gründer des Internetportals Impotenz-selbsthilfe.de sagt: «Ich komme mittlerweile gut damit zurecht. Aber manchmal tut der Gedanke daran noch immer weh.»
Die Ursache für eine erektile Dysfunktion kann organisch sein, zum Beispiel schlechter Blutfluss oder fehlende Muskeln. Auch psychische Gründe können sie auslösen, etwa eine Depression oder Stress. Erektionsprobleme nehmen im Alter zu. Eine grosse Studie mit 20000 Männern zeigt, dass bei den 50- bis 59-Jährigen bereits knapp jeder zweite betroffen ist. Die wenigsten sprechen offen darüber. «Männer haben das Gefühl, mit Problemen müsse man alleine fertig werden», so Steinmetz.
Der Nutzen von Medikamenten wie Viagra, Levitra oder Cialis ist zwar belegt (siehe «Saldo» 6/2016). Die rezeptpflichtigen Medikamente haben jedoch einen grossen Nachteil: Nebenwirkungen. Jeder fünfte Patient klagt nach der Einnahme von Viagra über Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme oder Durchfall. Selten kommt es zu Schwindel oder Sehstörungen.
Was viele Betroffene nicht wissen: Es gibt Alternativen, die keine oder nur leichte Nebenwirkungen haben. Der deutsche Urologe Frank Sommer aus Hamburg ist Spezialist für Erektionsstörungen. Für ihn ist wichtig, dass man vor jeder Therapie die Ursache für das Problem abklärt: «Je nach Befund können Behandlungen ohne starke Medikamente erfolgreich sein.»
L-Arginin hats auch in vielen Lebensmitteln
Zu den natürlichen Potenzmitteln zählt L-Arginin (siehe Tabelle im PDF). Der Eiweissbestandteil setzt Stickoxid in den Arterien frei und fördert so den Blutfluss. Ist der Mann sexuell erregt, gelangt also mehr Blut in den Schwellkörper.
L-Arginin eignet sich für Männer mit leichten bis mittleren Erektionsstörungen. Es wirkt zudem positiv auf das Herz-Kreislauf-System ein. Somit können es auch Männer nehmen, für die aufgrund einer gesundheitlichen Vorbelastung Medikamente wie Viagra nicht in Frage kommen. Ein weiterer Vorteil: «Hält man sich an die empfohlenen Dosen, kommt es in der Regel nicht zu Nebenwirkungen», sagt Sommer. L-Arginin ist übrigens auch in Lebensmitteln wie Nüssen, Kernen, Getreide und rotem Fleisch enthalten.
Ginseng: Erste Erfolge nach acht Wochen
Ebenfalls gut kann Ginseng helfen. Die Chinesen schwören seit Jahrtausenden auf die heilende Kraft der Wurzel. Generell gilt Ginseng als sicher. Vorsichtig müssen nur Diabetiker und Männer mit erhöhtem Blutdruck sein. Der Grund, laut Urologe Sommer: «Es kann zu Wechselwirkungen mit anderen Mitteln kommen.»
Die Wirkung von Ginseng als Potenzmittel ist mit einer Reihe kleinerer Studien belegt. So fanden Forscher der koreanischen Universität in Yonsei heraus, dass die tägliche Einnahme von Ginseng die Potenz schon nach acht Wochen erheblich steigert. An der Studie nahmen 120 Männer mit schwachen bis mässigen Erektionsstörungen teil. Davon erhielt die eine Hälfte täglich Ginseng, die andere ein Scheinmedikament.
Der Vergleich zeigte: Nur bei der Gruppe mit Ginseng verbesserte sich der Sex deutlich. Zum gleichen Schluss kamen Forscher der Universität im kanadischen Guelph. Sie hatten Hunderte Studien zu natürlichen Potenzmitteln ausgewertet (Gesundheitstipp 5/2011). Das Fazit in der Fachzeitschrift «Food Research International» zeigt: Ginseng erhöht die Lust auf Sex und hilft bei Erektionsproblemen.
In der gleichen Studie wiesen die kanadischen Forscher Yohimbin als natürliches Potenzmittel aus. Dieser Wirkstoff stammt aus der Rinde des afrikanischen Yohimbe-Baums. Bis zur Zulassung von Viagra war Yohimbin ein häufig verschriebenes Medikament zur Behandlung von Impotenz.
Das Mittel ist allerdings umstritten. Anders als bei Ginseng gibt es in der Schweiz heute kein zugelassenes Arzneimittel mit Yohimbin. Denn der Wirkstoff ist nicht frei von Nebenwirkungen. So klagten Testpersonen über Unruhe, Übelkeit und in seltenen Fällen über Schwindel und Erbrechen.
Für Günther Steinmetz sind allerdings weder natürliche Mittel noch Viagra eine Option. Denn durch die Prostata-Operation sind seine Erektionsnerven unwiderruflich geschädigt. Deshalb helfen ihm diese Mittel nicht.
Doch Steinmetz fand ein geeignetes «Erfolgsmodell» – die Vakuumpumpe: «Ich hatte sie mehr als zehn Jahre in Gebrauch», berichtet er. Die Pumpe ist ein mechanisches Hilfsmittel. Vor dem Sex stülpt man eine Glas- oder Plastikröhre über den schlaffen Penis. Mittels Pumpkraft erzeugt man einen Sog, der den Blutfluss verstärkt, bis die gewünschte Erektion erreicht ist. Ein Gummiring an der Peniswurzel verhindert, dass das Blut abfliesst und hält das Glied während der Penetration steif.
Eine andere technische Therapieform, die gute Heilungschancen verspricht, ist die Elektrostimulation. «Auf den Penis geklebte Elektroden geben dabei elektrische Ströme in verschiedene Richtungen ab», erklärt Urologe Sommer. Die Behandlung sei schmerzlos und wirke auf die glatten Muskelzellen im Schwellkörper und auf Teile des Beckenbodens.
Elektro-stimulation brachte mehr als Viagra
Eine Studie der Uniklinik in Hamburg belegt: Bei Männern mit Muskelschwäche wirkt die Elektrostimulation besser als Viagra. Am Test nahmen 252 Betroffene teil. Die Hälfte erhielt während eines halben Jahres eine Elektrotherapie, die Vergleichsgruppe nahm Viagra. Danach testeten die Studienteilnehmer während vier Wochen ihr Sexleben. In der Gruppe mit Elektrostimulation gaben 93 Prozent der Männer an, die Therapie habe ihre Erektion verbessert. In der Gruppe mit Viagra waren es nur 27 Prozent.
Es geht aber auch ohne technische Hilfsmittel. Für Urologe Sommer ist das Beckenbodentraining eine «Geheimwaffe». «Wer eine geschwächte Potenzmuskulatur hat, kann durch gezieltes Training sehr gute Erfolge erzielen», sagt Sommer. In einer Studie der Universität in Köln (D) mit 120 Männern konnten 80 Prozent der Trainierenden ihre sexuelle Leistungsfähigkeit steigern. Erste Erfolge zeigten sich laut Studie bereits nach drei bis vier Monaten.
Tipps: So beugen Sie Impotenz vor
Schlafen Sie ausreichend, das heisst: mindestens 7 Stunden.
Machen Sie 2- bis 3-mal pro Woche Ausdauersport.
Trainieren Sie Ihren -Beckenboden.
Verzichten Sie auf das Rauchen.
Verzichten Sie auf Alkohol.
Vermeiden Sie Übergewicht.
Haben Sie Sex.