Kein Leben ohne Liebe. Davon berichten Autoren, Dichter, Filmemacher und Musiker seit Jahrhunderten. Viele Menschen erhoffen sich von einer Liebesbeziehung dauerhaftes Glück. Sie investieren viel Zeit und manchmal auch Geld, um den passenden Partner zu finden. Dennoch scheitern viele Beziehungen am Alltag. Dies zeigt auch die Scheidungsrate: Rund 40 von 100 Paaren in der Schweiz lassen sich laut Bundesamt für Statistik scheiden.
Der Berner Psychologe und Paartherapeut Klaus Heer vermutet: «Beziehungen sind zerbrechlicher geworden.» Wenn ein Paar lange zusammen sei, steige die Lust auf einen Seitensprung. Die Gefahr sei heute grösser als früher, weil die Menschen vernetzter und «umzingelt von verlockenden Gelegenheiten» seien.
Dennoch wünschen sich die meisten Menschen eine stabile Beziehung. In einer Strassenumfrage des Gesundheitstipp (siehe rechts)sagte zum Beispiel die 60-jährige Verena Arsik aus Baden AG: «Eine dauerhafte Beziehung finde ich eine schöne Vorstellung.» Und der 30-jährige Oliver Pfulg aus Zürich meinte: «Eine feste Beziehung gibt Sicherheit. Es ist jemand da, egal was kommt.»
Paare müssen jedoch bereit sein, etwas für die Beziehung zu tun. Guy Bodenmann, Professor am psychologischen Institut der Uni Zürich, sagt: «Eine stabile und glückliche Partnerschaft erhält man nicht, ohne etwas zu investieren.»
Lust wachhalten, lebendig kommunizieren
Über den Erfolg der Beziehung entscheidet bereits die Partnerwahl. Bodenmann sagt: «Wenn sich zwei Menschen in wichtigen Einstellungen, Zielen und Bedürfnissen ähnlich sind, erleichtert dies den Alltag.»
Ob eine Beziehung langfristig hält, ist aber vor allem von drei Faktoren abhängig, wie der Psychoanalytiker Markus Fäh aus Zürich sagt: «Eine dauerhafte Beziehung gelingt nur, wenn man die Liebe pflegt, die Lust wachhält und lebendig und respektvoll miteinander kommuniziert.»
Die Liebe pflegen heisst, zusammen Zeit verbringen. Eine Voraussetzung dafür sind gemeinsame Interessen. Zusammen zu wandern, zu segeln oder ins Theater zu gehen, verbindet. Bodenmann sagt: «So baut man sich eine gemeinsame Paarbiografie auf und stärkt das Wir-Gefühl.» Dadurch werde die Beziehung stabiler. Am besten reserviert man sich für die gemeinsame Zeit einen fixen Abend pro Woche oder einen Tag am Wochenende.
Immer nur Nähe funktioniert nicht
Nicht alle Paare haben gemeinsame Interessen. Dann braucht es Kompromisse. Markus Fäh rät: «Man sollte dem anderen immer wieder einmal einen Wunsch erfüllen.» Wenn der Mann zum Beispiel Fussball möge, solle die Frau ihn zumindest einmal pro Jahr zu einem Spiel begleiten. Im Gegenzug unternehme der Mann mit der Frau etwas, das ihr gefällt. Zum Beispiel wandern oder tanzen gehen.
Man sollte aber nicht davon ausgehen, dass ein Partner alle Wünsche abdecken kann. Wer alles gemeinsam erleben will, setzt das Gegenüber unter Druck. Deshalb sollte man ab und zu alleine oder mit Freunden etwas unternehmen. Bodenmann: «Wichtig ist eine gute Balance zwischen Nähe und Distanz.»
Damit eine Beziehung lange besteht, ist auch eine erfüllte Sexualität wichtig: «Sex ist eine Quelle für Nähe, Intimität und Verbundenheit», so Guy Bodenmann. Es sei wichtig, die Sexualität nicht einschlafen zu lassen. Für viele Paare ist regelmässiger Sex nicht einfach. Stress im Beruf oder in der Familie kann ein wahrer Lusttöter sein. Um dem entgegenzuwirken, rät Bodenmann: «Planen Sie die Sexualität in den Alltag ein.» Zum Beispiel an einem fixen Abend pro Woche.
Markus Fäh sagt: «Paare müssen lernen, über ihre Fantasien zu sprechen.» Das halte die Lust lebendig. Wenn man zum Beispiel Oralsex mag, sollte man das mitteilen – auf die Gefahr hin, dass es dem andern nicht gefällt. «Zurückweisung ist kein Weltuntergang», so Fäh. Allerdings gilt nicht: je mehr Sex, desto besser. Wissenschafter der kanadischen University of Toronto fanden kürzlich heraus: Wer etwa einmal pro Woche Sex hat, ist in der Partnerschaft am zufriedensten. Die Forscher hatten rund 30 000 Personen befragt.
Oft geht das Zuhören vergessen
Viele Beziehungen scheitern an Konflikten. Liebespaare sollten deshalb darauf achten, wie sie miteinander kommunizieren. Fäh empfiehlt: «Sprechen Sie aus, was Sie wirklich beschäftigt. Auch wenn das Mut braucht.» Nur so könne man Probleme lösen. Die Art, wie man etwas sagt, ist dabei zentral. «Die Wortwahl darf nicht destruktiv sein.» Den Satz «Du bist ein Esel …», solle man ersetzen durch «Ich bin wütend auf dich, weil …». Die Ich-Perspektive stosse den Partner weniger vor den Kopf. Wenn man mit Reden nicht weiterkommt, hilft manchmal Humor. Bodenmann sagt: «Sich selber humorvoll aus Distanz zu betrachten, kann neue Perspektiven eröffnen.»
Das gelingt nur, wenn man sich selber nicht zu wichtig nimmt. Markus Fäh: «Dann kann man auch über Mühsames lachen.» Auch die positive Kommunikation im Alltag ist wichtig. Durch einfache Fragen, wie «Wie war dein Tag?», zeigt man dem Partner, dass man sich für ihn interessiert.
Etwas darf man gemäss Paartherapeut Heer nicht vergessen: «Das Wichtigste ist hinzuhören, was der andere antwortet.» Die 64-jährige Helene Bucchieri aus Zürich, die an der Strassenumfrage teilnahm, weiss aus Erfahrung, dass das nicht einfach ist. Ihr Tipp: «Wer eine lange Beziehung will, muss auch die weniger schönen Tage aushalten können.» Lara Wüest
Strassenumfrage: Was ist das Geheimnis einer langen Liebe?
Verena Arsik, 60, Baden AG
«Wichtig ist, dass man treu ist. Und man muss sagen, was einen beschäftigt. Aber man darf auch nicht zu sehr aufeinander fixiert sein, man sollte seine Freunde nicht aufgeben. Ich bin Single, finde aber eine dauerhafte Beziehung eine schöne Vorstellung.»
Oliver Pfulg, 30, Zürich
«Man muss zusammen lachen können. Zum Beispiel nach einem schlimmen Streit. Das Lachen relativiert. Auch ich wünsche mir eine feste Beziehung. Sie gibt Sicherheit. Es ist gut zu wissen, dass jemand da ist, egal, was kommt.»
Helen Bucchieri, 64, Zürich
«Wer eine lange Beziehung will, muss sich auch einmal durchbeissen und die weniger schönen Tage aushalten können. Man muss an der Liebe arbeiten, etwa über Probleme sprechen. Ich und mein Mann gehen dazu spazieren. Ich bin seit 35 Jahren mit meinem Mann zusammen.»
Fabian Holenweg, 17, Wildhaus SG
«Eine lange Beziehung stelle ich mir schwierig vor. Man sollte immer ehrlich sein. Und man muss Vertrauen haben. Mich nervt es zum Beispiel, wenn jemand eifersüchtig ist.»
Hansruedi Müller, 80, Zürich
«Ewige Liebe würde ich mir schon wünschen, aber in der Realität ist das schwierig. Es gelingt nicht vielen, für immer zusammenzubleiben. Frauen wollen stets über alles reden. Ich finde, man sollte sich nicht alles erzählen. Man sollte sich genügend Freiraum lassen.»