Flug verpasst: Fordern Sie Taxen zurück!
Wer ein Ticket gebucht hat, aber nicht fliegt, kann vorab bezahlte Taxen zurückfordern. Das verschweigen die Airlines und behalten Millionen.
Inhalt
saldo 11/2006
07.06.2006
Franco Tonozzi
Sogar Vielflieger sind fest davon überzeugt: Wer eine Flugreise bucht, diese aber aus irgendeinem Grund nicht antreten kann, bekommt keinen Rappen zurück. Die Airlines lassen ihre Kunden gern in diesem Irrglauben.
Doch die Wahrheit sieht anders aus: Wer nicht fliegt, verliert nur das Geld für den Flug - nicht aber die Flughafentaxen und den Treibstoffzuschlag. Flughafentaxen zahlt der Reisende dafür, dass er die Infrastruktur des Flughafens benutzt und durch die Sicherheitskon...
Sogar Vielflieger sind fest davon überzeugt: Wer eine Flugreise bucht, diese aber aus irgendeinem Grund nicht antreten kann, bekommt keinen Rappen zurück. Die Airlines lassen ihre Kunden gern in diesem Irrglauben.
Doch die Wahrheit sieht anders aus: Wer nicht fliegt, verliert nur das Geld für den Flug - nicht aber die Flughafentaxen und den Treibstoffzuschlag. Flughafentaxen zahlt der Reisende dafür, dass er die Infrastruktur des Flughafens benutzt und durch die Sicherheitskontrolle geht.
Willkommenes Nebengeschäft für Fluggesellschaften
Die Airlines ziehen diese Gebühr von ihren Kunden ein und reichen sie dann an den Flughafen weiter. Doch: «Diese Gebühr beanspruchen wir nur für Personen, die tatsächlich im Flugzeug sitzen», sagt Jörn Wagenbach von Unique, der Betreiberin des Flughafens Zürich. Im Klartext: Wie viele Leute den Flug versäumen, interessiert Unique nicht, weil diese Personen nichts bezahlen müssen.
Die Airlines haben die Taxen aber schon vorher eingezogen und behalten sie einfach für sich, wenn die Kunden sie nicht zurückverlangen. Ein willkommenes Nebengeschäft, auch für die Swiss. Beispiel: Ein Ticket von Zürich nach Berlin Tegel und zurück kostet 199 Franken. Davon sind 130 Franken Gebühren. Jährlich verpassen rund 500 000 Swiss-Passagiere ihren Flug. Die meisten buchen auf eine andere Maschine um. Doch ein Teil der Reisenden bleibt zu Hause. Ihnen stehen die Taxen zu.
Offene Kommunikation bei Easy Jet
Dass dies stimmt, bestreiten die Fluggesellschaften nicht. Mehr oder minder verklausuliert teilen es einige in ihren Geschäftsbedingungen sogar mit. Deutsch und deutlich die Formulierung von Easy Jet: «Haben Sie einen Flug gebucht, aber nicht angetreten, haben Sie Anspruch auf Rückerstattung der Steuern und Gebühren.»
Das gilt sogar zehn Jahre rückwirkend, sagt Vito Roberto, Professor für Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität St. Gallen. Um die Forderung geltend zu machen, ist grundsätzlich nicht einmal ein Ticket oder eine schriftliche Buchungsbestätigung nötig. «Es genügt, der Airline aus dem Gedächtnis mitzuteilen, wann man einen Flug gebucht hat, aber nicht mitgeflogen ist», sagt Roberto.
Der Flughafen Zürich fertigte letztes Jahr für 120 Airlines rund 18 Millionen Passagiere ab. Wenn nur 1 Prozent davon den Flug versäumt und die Gebühren nicht zurückverlangt hat, dann liegen bei den Fluggesellschaften Kundengelder in dreistelliger Millionenhöhe. Noch wollen die Airlines nicht sagen, wie viele ihrer Kunden die Taxen tatsächlich zurückfordern. Viele werden es nicht sein. Denn die meisten wissen gar nichts von ihrem Glück. Und selbst wer fragt, bekommt ausweichende oder falsche Antworten.
saldo hat die Hotlines der Fluggesellschaften auf die Probe gestellt: Vorbildlich reagiert Air Berlin: Die Callcenter-Mitarbeiterin teilt unaufgefordert mit, dass die Taxen erstattet werden. Anders die Swiss: «Was geschieht, wenn ich meinen Flug verpasse? Ist das Geld dann verloren?» «Ja», antwortet der freundliche Swiss-Angestellte. «Das ganze Geld?» «Leider schon.» «Aber die Flughafentaxen und den Treibstoffzuschlag bekomme ich doch zurück?» «Ja, diese Gebühren werden erstattet», heisst es schliesslich. Informationen tröpfchenweise. Die Swiss gibt nur zu, was der Kunde schon weiss.
Helvetic-Callcenter: Angestellte informiert falsch
Gänzlich falsch informiert Helvetic. Auch auf direkte Nachfrage bestreitet die Callcenter-Angestellte hartnäckig, dass die Taxen zurückbezahlt werden. saldo interveniert beim Helvetic-CEO Bruno Dobler. Der stellt die Sache richtig: «Selbstverständlich vergütet auch Helvetic diese Gebühren.» Selbstverständlich. Aber wie alle Airlines nur, wenn der Kunde seinen Anspruch anmeldet.
Übrigens: Auch in der Schifffahrt werden Hafentaxen und Treibstoffzuschläge erhoben, die bei Nichtantreten der Reise erstattet werden.
So kommen Sie zu Ihrem Geld
- Die Airlines zahlen Flughafentaxen und Treibstoffzuschläge nur zurück, wenn der Kunde selber aktiv wird. Viele Fluggesellschaften erheben Bearbeitungsgebühren von bis zu 40 Franken. Die Swiss verlangt 20 Franken bei Taxen-Rückzahlungen für Tickets, auf denen «Non Refundable» steht. Helvetic retourniert die Gebühren abzugsfrei.
- In der Regel werden die Taxen auf dem gleichen Weg erstattet, wie sie entrichtet worden sind. Wer mit Kreditkarte bezahlt hat, bekommt eine Gutschrift.
- Wenn ein Flug oder Arrangement über ein Reisebüro gebucht worden ist, kann der Kunde zuerst dort nachfragen.
Forum
Haben Sie schon einmal versucht, die Taxen nach einem verpassten Flug zurückzufordern? Was halten sie davon, dass das die Kunden selbst tun müssen?
Schreiben Sie an: saldo, Postfach 723, 8024 Zürich oder redaktion@saldo.ch