Freizügig Spesen kassiert
Vorsicht vor der Freizügigkeitsstiftung Continua: Sie kassiert ungewöhnlich hohe Gebühren auf dem Geld ihrer Kunden.
Inhalt
K-Geld 4/2006
30.08.2006
Letzte Aktualisierung:
04.10.2019
Ernst Meierhofer
Anne Eichenberger aus Arni AG könnte sich eigentlich freuen: Sie hat Geld in Anlagefonds investiert, deren Wert innert neun Monaten um 7,45 Prozent gewachsen ist. Doch als Eichenberger ihr Investment beendet, ist ihr Vermögen kleiner als vorher.
Die 60-jährige Anlegerin vertraute ihre Altersvorsorge in der Höhe von 179 979 Franken auf Anraten eines Maklers der Zürcher Stiftung Continua an. Es handelte sich um Freizügigkeitsgeld, also um Pensionskasseng...
Anne Eichenberger aus Arni AG könnte sich eigentlich freuen: Sie hat Geld in Anlagefonds investiert, deren Wert innert neun Monaten um 7,45 Prozent gewachsen ist. Doch als Eichenberger ihr Investment beendet, ist ihr Vermögen kleiner als vorher.
Die 60-jährige Anlegerin vertraute ihre Altersvorsorge in der Höhe von 179 979 Franken auf Anraten eines Maklers der Zürcher Stiftung Continua an. Es handelte sich um Freizügigkeitsgeld, also um Pensionskassengeld, das sie vorübergehend parkieren musste. Die Continua investierte ihr Geld in Anlagefonds.
Eichenberger erhielt nach neun Monaten trotz der guten Performance der Fonds nur 178 999 Franken zurück. Das entspricht einem Verlust von 0,55 Prozent. Der Grund: die freizügige Spesenpolitik der Continua:
- Rund drei Viertel des Geldes liess Eichenberger in einen Anlagefonds namens IST Mixta Optima der Anlagestiftung IST investieren. Die Continua zog von dieser Summe gleich zu Beginn 4210 Franken bzw. 3,31 Prozent als Ausgabekommission ab. K-Geld weiss, dass die IST Investmentstiftung selber bei solchen Geschäften höchstens einen Ausgabeaufschlag von 0,25 Prozent verlangt. Den Rest behielt die Continua.
- Ein Viertel der Summe landete in einem Fidelity-Fonds. Die Continua belastete ihn mit einer Ausgabekommission von 5,13 Prozent oder 2127 Franken.
- Zudem kassierte die Continua 5082 Franken als «ordentliche Verwaltungskosten». Im Reglement steht, die Gebühr, im konkreten Fall 1,5 Prozent, würde «jährlich» belastet. Anne Eichenberger musste aber zweimal 1,5 Prozent zahlen, obwohl sie nur neun Monate lang Mitglied der Freizügigkeitsstiftung war.
Trick: Kosten pro angebrochenes Kalenderjahr
Die Continua belastete den Betrag nämlich für jedes angebrochene Kalenderjahr. Eichenberger war im September 2004 der Stiftung beigetreten und im Juni 2005 wieder ausgetreten, nachdem sie eine Stelle gefunden hatte und das Freizügigkeitsgeld in ihre neue Pensionskasse transferieren musste.
Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) hat als Aufsichtsbehörde die Continua inzwischen aufgefordert, das Reglement klarer zu formulieren. Die Stiftung muss den Fall des unterjährigen Ein- oder Ausstiegs eindeutig regeln, um «Missverständnisse dieser Art» auszuschliessen.
Eine Stichprobe bei ein paar zufällig ausgewählten anderen Anbietern zeigt, dass die ausufernde Spesenpolitik der Continua unüblich ist:
- Bei der UBS hätte Anne Eichenberger im gleichen Zeitraum - mit anderen Anlagefonds, aber mit vergleichbarem Aktienanteil - einen Vermögenszuwachs von 6,2 Prozent erzielt.
- Bei der Freizügigkeitsstiftung des VZ Vermögenszentrums hätte eine Rendite von 8,5 Prozent herausgeschaut.
- Selbst das fast risikolose Zwischenlagern der Summe auf einem festverzinslichen Konto bei der WIR-Bank hätte einen Nettozuwachs von 1,51 Prozent gebracht.
Falsche Beratung durch die Prointres AG
Auch Anne Eichenbergers Kollegin Denise Schäfer aus Dübendorf ZH erzielte bei der Continua lediglich einen mickrigen Vermögenszuwachs von 1,56 Prozent - obwohl ihre Fonds in rund zehn Monaten um 9,29 und 24,19 Prozent zulegten.
Die Maklerorganisation Prointres AG aus Wollerau SZ hat die Continua empfohlen und ist mitverantwortlich für das Debakel. Prointres-Mitarbeiter Werner Flütsch gibt an, nicht gewusst zu haben, dass die Continua «solche Gebühren» erhebt.
Das ist peinlich. Noch schlimmer ist aber die Tatsache, dass die Prointres eindeutig falsch beraten hat. Aktienfonds sind nur für Sparer mit langem Anlagehorizont ratsam. Ein Berater sollte deshalb nie Aktienanlagen empfehlen, wenn Freizügigkeitskapital nur bis zum Antritt einer neuen Stelle anzulegen ist. Der Berater muss in diesem Fall ein festverzinsliches Konto vorschlagen.
Die Continua hat zu den Vorwürfen keine Stellung genommen. Die Prointres schreibt, ihre Kundinnen hätten «Hinweise auf eine langfristige Anlage von mindestens 5 Jahren» erhalten.