In meiner Freizeit geniesse ich es, mit dem Auto auf die Alp zu fahren, wo meine Mutter eine kleine Wirtschaft betreibt. Ich betreue die Besucher und backe Käseschnitten. Mit dieser Spezialität habe ich bei den Gästen Erfolg. Draussen helfe ich beim Montieren der Weidezäune für Kühe und Ziegen. Dank meinem vierrädrigen Töff, dem Quad, kann ich auf den Hügeln herumkurven. Wichtig ist mir, dass ich mobil und selbständig bin. So fühle ich mich frei und bin trotz meiner Behinderung zufrieden.
Früher war ich aktiver Schwinger, jetzt muss ich mich halt mit Zuschauen begnügen. Ich mache alles, was mir Freude bereitet – und aus meiner Behinderung das Beste.
Wir sind noch immer beste Freunde – trotz des Unfalls. Natürlich würden wir nie mehr in diesem Zustand ein Fahrzeug lenken. Doch nach wie vor sind wir gerne unter Kollegen. Zugegeben, manchmal übertrieben wir es auch – wie an jenem Wochenende im April vor drei Jahren. Wir waren im Ausgang. Irgendwann nach Mitternacht wollten wir heim und ich setzte mich bei meinem Freund hinten auf den Roller, gutgelaunt und mit etwas zu viel Alkohol im Blut. Was danach passierte, blendet mein Gehirn bis heute aus.
Als ich später realisierte, dass ich mein restliches Leben im Rollstuhl verbringen werde, bekam ich einen Schock. Die ersten paar Tage heulte ich nur.
Es wurde langsam Tag, als ich nach dem Unfall aufwachte. Schätzungsweise lagen wir bereits vier bis fünf Stunden in dem Flüsschen, das zu dieser Zeit nur wenig Wasser hatte. Ich war durchnässt, unterkühlt und hatte keine Ahnung, wo wir waren. So schnell wie möglich wollte ich weg. Doch meine Beine funktionierten nicht mehr. Mein Kollege lag ein paar Meter entfernt. Ich fragte ihn: «Weisst du, wo wir sind?» Er stand unter Schock und sprach nur wirres Zeug.
Ich schaffte es, mein Handy aus der Hosentasche zu fischen und die 144 zu wählen. Doch ich konnte dem Rettungsdienst nicht sagen, wo wir von der Strasse abgekommen sind. Ich wusste nur, dass wir unter einer Brücke zwischen Sattel und Schwyz liegen. Um halb fünf Uhr morgens rief mich meine Mutter an, sie vermisste mich. Auch sie machte sich sofort auf die Suche nach uns. Notarzt, Feuerwehr und Polizei brauchten nahezu eine Stunde, bis sie uns schliesslich fanden. Ein Helikopter brachte mich ins Kantonsspital Luzern. Die Ärzte operierten meine gebrochenen Brustwirbel.
Am nächsten Tag verlegten mich die Ärzte ins Paraplegikerzentrum nach Nottwil LU. Dort operierte der Chirurg meine gebrochene Hand. Ich blieb sechs Monate dort und hatte den ganzen Tag Therapien und Rollstuhltraining. Am Anfang – bis ich mich an den Rollstuhl gewöhnt hatte – litt ich an starken Rückenschmerzen. Ein Trost waren für mich die vielen jungen Rollstuhlfahrer im Paraplegikerzentrum, die versuchten, aus ihrer Situation das Beste zu machen. Meine Mutter und alle Familienangehörigen sind mir bis heute eine grosse Stütze.
Ich arbeite wieder hundert Prozent. Meine Lehre als Schlosser musste ich zwar abbrechen, doch mein Chef bot mir an, eine Lehre als Konstrukteur zu beginnen. Ich bin sehr dankbar dafür.
Querschnittlähmung: Immer weniger wegen Verkehrsunfällen
Bei einer Querschnittlähmung sind die Nervenbahnen im Rückenmark entweder teilweise oder vollständig getrennt. Betroffene können die Arme weiterhin bewegen, aber nicht mehr gehen. Verkehrsunfälle sind immer weniger der Grund für die Rückenmarkverletzung: In den letzten 40 Jahren sank der Anteil gemäss der Paraplegiker-Forschung in Nottwil LU von rund 40 auf heute 25 Prozent. Hauptursache sind mittlerweile Stürze im Sport, im Beruf und in der Freizeit.
Hilfe und Infos
www.paraplegie.ch
info@parahelp.ch
Tel. 041 939 60 60