Ein vordergründig geheilter Brustkrebs kann noch Jahre später wieder aufflammen. Tumoren wachsen wieder oder es bilden sich Ableger. Ärzte verschreiben dann Medikamente, die das Wachstum der Tumoren verlangsamen sollen. Eines davon ist das neue Ibrance. Es ist in der Schweiz seit Anfang Jahr zugelassen.
Laut Herstellerin Pfizer soll das Mittel den Patientinnen «qualitativ wertvolle Lebenszeit ohne ein Fortschreiten der Krebskrankheit» bringen. Der Grund dafür sei der neue Wirkmechanismus: Der Wirkstoff bremst die Zellteilung im Tumor und soll so sein Wachstum hemmen. Doch das hat seinen Preis: Eine Behandlung mit Ibrance kostet im Monat über 4000 Franken. Zum Vergleich: Das bewährte Letrozol kostet monatlich bloss 100 Franken.
Fachleute zweifeln zudem die Heilanpreisungen des teuren Mittels an. Zu ihnen gehört auch Jörg Schaaber vom unabhängigen deutschen Fachblatt «Pharma-Brief». Für ihn ist «zurzeit unklar», ob Patientinnen dank des Medikaments länger leben. Schaaber sagt, es gebe bis heute keine Untersuchungen, die das belegen würden.
Viele Frauen klagten über starke Nebenwirkungen
Auch die Forscher des deutschen Instituts für Qualitätssicherung in der Gesundheit kommen zum Schluss: Ibrance wirkt nicht besser als das günstige Letrozol. In den vorgelegten Studien starben im gleichen Zeitraum gleich viele Frauen am Krebs. Doch Patientinnen, die Ibrance schluckten, hatten viel häufiger Nebenwirkungen: 78 von 100 Patientinnen litten an Schmerzen, Übelkeit, Durchfall, Haarausfall oder Störungen des Blutbildes. Bei den Frauen, die Letrozol nahmen, waren es nur 25.
Ibrance brachte den Patientinnen auch nicht mehr Lebensqualität. Zwar verzögerte Ibrance das Wachstum des Tumors. Das konnten die Forscher im Röntgenbild nachweisen. Doch unklar bleibt, was das für Patientinnen bedeutet.
Das Fazit von Jörg Schaaber: Ob das Medikament Ibrance Patientinnen einen Vorteil bringt, lasse sich nicht erkennen, «weder bei den Krankheitssymptomen noch bei der Lebensqualität».
Die Zürcher Brustkrebsspezialistin Monica Castiglione glaubt deshalb nicht, dass viele Ärzte künftig ihren Patientinnen das Medikament verschreiben: «Allein schon wegen der Nebenwirkungen.»