Gegen Gefühlsduselei habe ich etwas. Meine Frau und ich stehen am Morgen um die gleiche Zeit auf und essen Frühstück. Ich lese Zeitung, sie tippt etwas in ihr Handy. Wir sind beide glücklich. Die ­Stimmung würde komplett kippen, wenn sie plötzlich in mein Ohr flüstern würde: «Du, Schatz, ich liebe dich!» Das will ich nicht. Sie weiss es, ich weiss es – wir haben uns gern. Ich handhabe das wie die SBB: Das Abo wird automatisch verlängert.

Letzthin war ich zu Hause auf der Toilette. Ich greife nach dem Klopapier und sehe ­darauf Herzchen und den Schriftzug «I love you». Vielleicht eine Fehlprägung, dachte ich und zog sicherheitshalber weiter an der Rolle. Aber überall stand: «I love you».

Ich griff nach einer WC-Rolle und stampfte wütend ins Nebenzimmer: «Schatz, was soll dieser Quatsch?» – «Das Toilettenpapier? Habe ich gestern in der Migros gekauft. Ein Spezialangebot: 9 Rollen für nur Fr. 9.80!»

«Willst du mir damit etwas sagen?», fragte ich gereizt. Sie guckte weg. «Auf dem WC-­Papier steht ‹I love you›. Ist das wieder so eine versteckte Botschaft?», hakte ich nach (ich bin ja Journalist). Meine Frau drehte sich zu mir hin und blickte mir tief in die Augen. Das habe ich nicht so gern. «Vielleicht, ja!» Ich liess die WC-Rolle fallen. «Willst du mir mit dem WC-Papier etwa sagen, dass du mich liebst?» Meine Frau trat ganz nahe an mich heran. Das habe ich gern.

Die Frühlingssonne durchbrach die ­Morgenwolken. Ich versuchte mich zu ­erinnern, wie Küssen geht. «Schliess die Augen», flüsterte mir meine Frau ins Ohr, «I love you!»