Ich sitze mit meinem Sohn im Wartezimmer des Kinderarztes. Er hat Fieber und sieht bleich aus. Ich blättere Zeitschriften durch, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Dann entdecke ich eine Schachtel. Darauf steht «gratis». Es ist ein Geschenkköfferli mit Babyartikeln drin. 

Generell üben kostenlose Dinge eine ­magische Wirkung auf mich aus. Ich nahm schon an drei Gratishörtests teil und brachte viele Bücher nach Hause, die irgendjemand am Strassenrand abgelegt hatte. Einmal fand ich sogar einen Stapel Hefte von «Dr. Stefan Frank». Das ist der Fernseharzt, «dem die Frauen vertrauen».

Mir hingegen sollte man nicht zu sehr ­vertrauen. Ich sitze nämlich immer noch im Wartezimmer und überlege mir: Darf ich ­dieses Köfferli mitnehmen? Das Ding sieht aus wie der Schokoladenkoffer von Lindt & Sprüngli, den die Aktionäre an der Generalversammlung erhalten. Ich bin ein Mann der Tat, denke nicht mehr lange nach und packe den Koffer in meine grosse Tasche. 

Während der Arzt meinen Sohn ­untersucht, muss ich immer an den Koffer denken. Was mag dort wohl drin sein? Kaum sind wir zu Hause, renne ich zum Esstisch und kippe ihn aus. Jedes Familienmitglied darf etwas auswählen. Die Tochter erhält die drei Gratiswindeln und meine Gattin ­ergattert eine Frauenzeitschrift. Ich dagegen bin etwas ratlos. An Männer hat niemand ­gedacht. Mit der Salbe gegen Schwangerschaftsstreifen kann ich wenig anfangen. 

Missmutig nehme ich zwei Fläschchen ­Nasentropfen. Inhalt: Wasser und Salz. Das kann ich wenigstens zum Kochen verwenden.