Was ist «Direktsaft»? Was bedeutet «Zuckerarten mit Mengenausgleich»? Was heisst «UTZ Certified cacao»? Diese Fragen stellen sich Konsumenten, wenn sie das Kleingedruckte auf Lebensmittel-Verpackungen aufmerksam lesen. Denn viele Informationen sind kaum verständlich.
Manchmal sind die Aufschriften auf den Verpackungen nicht rätselhaft, sondern lachhaft, zum Beispiel auf dem Migros-Marroni-Joghurt. Auf dem Becher steht: «Oben milder Vollmilchjoghurt, unten saftige Fruchtstücke.» Als ob es saftige Marroni gäbe.
Der K-Tipp fragte deshalb dort nach, wo man die Antworten kennen sollte: bei Coop und Migros. Die Verantwortlichen nahmen mehrtägige Bedenkzeiten in Anspruch. Doch auch nach mehrmaligem Nachfragen waren die Antworten ausweichend, unklar – und manchmal sogar falsch.
«Fairtrade, Max Havelaar»
Die Erwartung: Coop verkauft das Schokolade-Joghurt mit dem Logo «Fairtrade, Max Havelaar». Das weckt die Hoffnung, dass für dieses Joghurt Kakao aus fairem Handel verwendet wurde.
Die Realität: «Nach Fairtrade-Standards gehandelte Zutaten, Gesamtanteil 91,5 % ohne Milch. Davon Kakaoerzeugnisse und Zuckerarten mit Mengenausgleich», steht auf der Verpackung. Doch was heisst Mengenausgleich?
Klar ist: Nur 13,7 Prozent der Zutaten stammen aus fairem Handel. Theoretisch. Was wirklich im Joghurt steckt, ist unklar. Denn bei Max Havelaar werden Kakao und Zucker aus normaler und aus fairer Pro-duktion vermischt. Bei Max Havelaar wird das Mengenausgleich genannt, bei UTZ heisst es Massenbilanz.
«Direktsaft» aus Blutorangen
Die Erwartung: Auf dem Betty-Bossi-Blutorangensaft von Coop steht «Direktsaft». Der Begriff macht neugierig und weckt die Erwartung auf etwas Besonderes.
Die Realität: «Direktsaft» ist schlicht und einfach Fruchtsaft. Hersteller und Händler verwenden den Begriff, um zu betonen, dass der Fruchtsaft nie ein Konzentrat war. Denn tatsächlich werden viele Säfte im Herstellungsland konzentriert, verpackt, verschifft und vor dem Verkauf wieder verdünnt.
«UTZ Certified cacao»
Die Erwartung: Das Kokos-Schokolade-Joghurt aus der Migros trägt das UTZ-Logo. UTZ ist eine Organisation, die sich wie «Max Havelaar» für fairen Handel einsetzt. Das heisst, der Kakao müsste aus fairem Handel stammen. Doch auf der Verpackung steht klein gedruckt und unverbindlich: «Migros arbeitet zusammen mit UTZ Certified an nachhaltigem Kakaoanbau.» Das macht die Konsumenten stutzig.
Die Realität: Möglich ist, dass das Joghurt keine einzige fair gehandelte Kakaobohne enthält. Denn normal produzierter Kakao und fair produzierter Kakao werden nach der Ernte vermischt. Erstaunlicherweise ist beim Kaffee die Trennung von Bohnen aus fairem Handel und aus dem übrigen Handel möglich. Beim Kakao wäre laut Migros «die Trennung sehr kostspielig».
Süssmost «frisch ab Presse»
Die Erwartung: Wer auf der Etikette den Aufdruck «frisch ab Presse» liest, geht davon aus, dass es sich um ein Frischprodukt handelt. Doch das ist falsch.
Die Realität: Der Süssmost ist kein Frischprodukt, sondern eine Konserve. Er ist pasteurisiert. Und sehr grosszügig datiert. Obwohl der Süssmost bereits im September gepresst wurde, darf er noch bis im März in den Regalen stehen.
Die Migros sagt dazu: «Die Äpfel werden gleich nach der Ernte im Herbst gepresst und der Most abgefüllt. Keine Lagerung der Äpfel vor dem Pressen. Keine Schönung.» Letzteres bedeutet, dass keine Trübstoffe herausgefiltert werden.
«Joghurt mit Lebkuchen»
Die Erwartung: Ein «Joghurt mit Lebkuchen» enthält Lebkuchen – sollte man meinen. Umso mehr als auf der Zutatenliste steht, das Joghurt enthalte 2,1 Prozent Lebkuchen.
Die Realität: Wer nach Lebkuchen-Stücklein stochert, wird nicht fündig. Wie auch? Laut Zutatenliste besteht der angebliche Lebkuchen aus Birnendicksaft, Walnüssen und einer Gewürzmischung.
Der K-Tipp wollte wissen, wie die Migros ohne Mehl oder Eier einen Lebkuchen bäckt. Die Migros-Sprecherin erklärte zunächst, dass dem Joghurt Lebkuchen-Gewürze beigemengt seien. Dann gibt sie aber doch zu, dass das Joghurt keinen gebackenen Lebkuchen enthält. Die Zutatenliste ist also falsch. Sie soll laut Migros demnächst korrigiert werden.