Aufrecht sitzt sie im Saal des Basler Zivilgerichts, die Geschäftsführerin der Registerfirma IFW, Institut für Wirtschaftsinformationen Ltd., Zweigniederlassung Basel. Sie kennt den Ort inzwischen gut. Dem klagenden Jungunternehmer aus dem Kanton Schwyz hat das Gericht den Weg nach Basel erspart. Ihn vertritt sein Anwalt, der sich auf Täuschung beruft und die irrtümlich bezahlten knapp 1000 Franken zurückfordert.
Noch bevor er die Klage begründen kann, setzt der Einzelrichter zu einer Vorbemerkung an. Es sei nun schon das vierte Verfahren gegen dieselbe Registerfirma, sagt er, und der Sachverhalt sei stets «sehr ähnlich». Drei Mal habe das Gericht die Klage gutgeheissen. Die Urteile seien nicht angefochten worden und somit rechtskräftig. Salopp gesagt frage er die IFW-Geschäftsführerin: «Was soll das?»
Rechnungen sehen aus wie von einer amtlichen Stelle
In der Tat ging die Registerfirma auch diesmal nach bekanntem Muster vor. Kaum hatte der Unternehmer seine neue Firma ins Handelsregister des Kantons Schwyz eintragen lassen, flatterte ihm eine Rechnung ins Haus. Für «Ihre Handelsregister-Neueintragung», hiess es im Schreiben. «Zu zahlender Betrag (brutto): Fr. 989.90.»
Der Unternehmer überwies das Geld. Einige Wochen später realisierte er, dass er einem berüchtigten Registerhai ins Netz gegangen war. Diese Trittbrettfahrer warten darauf, bis die offiziellen Daten über neu eingetragene Firmen im «Handelsblatt» publiziert werden. Blitzschnell verschicken sie ihre Briefe, die so gestaltet sind, als sei es die Rechnung einer amtlichen Stelle. Wer zahlt, erhält einen Eintrag in ein nutzloses privates Firmenverzeichnis.
Die Geschäftsführerin der Registerfirma gibt sich ungerührt. Sie sei mit den bisher gefällten Urteilen nicht einverstanden, macht die 48-Jährige geltend. Und überhaupt: Jeder, der sich innert acht Tagen melde, erhalte sein Geld anstandslos zurück. «Doch innert acht Tagen merkt es kaum einer», entgegnet der Einzelrichter. Seine Stimme wird schärfer. Wenn sie mit einem der bisherigen Urteile nicht einverstanden gewesen wäre, hätte sie es an die nächste Instanz weiterziehen können, sagt er. Sie habe sie aber akzeptiert und weigere sich trotzdem, in vergleichbaren Fällen das Geld zurückzuzahlen. Damit zwinge sie ihre Kunden geradezu in ein gerichtliches Verfahren.
Wer klagt, muss mit viel Aufwand und hohen Kosten rechnen
Das Problem daran: Selbst wenn der Kunde das Verfahren gewinnt, ist das für ihn ein Verlustgeschäft. Er erhält wohl das Geld zurück und eine Entschädigung an seine Anwaltskosten. Diese bemisst sich aber nach dem eingeklagten Betrag. Und bei einer Streitsumme von knapp 1000 Franken bleibt der Kunde auf den restlichen Anwaltskosten sitzen. Der Aufwand ist beträchtlich, besonders für einen auswärtigen Kläger. Er oder sein Anwalt muss sich zur Gerichtsverhandlung und zuvor schon zur Schlichtungsverhandlung nach Basel bemühen. Das Verhalten der Registerfirma, so der Richter, erscheine ihm «in erheblichem Masse befremdlich».
In der Sache selbst wiederholt die Geschäftsführerin der Registerfirma ihre Argumente aus früheren Verfahren. Auf den Briefen stehe deutlich, dass es sich um eine «Offerte» handle. Nutzlos sei das Register im Übrigen nicht. Es gebe Aufschluss über den Verwaltungsrat oder das Grundkapital der eingetragenen Gesellschaften – ohne aber zu sagen, dass dieselben Informationen in offiziellen Verzeichnissen der kantonalen Handelsregisterämter (www.zefix.ch) kostenlos abgefragt werden können.
Überdies ist im Register der IFW nur eingetragen, wer die Fr. 989.90 bezahlt hat. Das sind offenbar mehrere Hundert Unternehmer. Am Rande der Gerichtsverhandlung sprach die Geschäftsführerin von «rund 320 zufriedenen Kunden», die ihr Geld nicht zurückgefordert hätten.
In einem früheren Urteil hielt das Basler Zivilgericht fest, dass der Offertcharakter der Briefe nicht ohne Weiteres erkennbar sei. Insgesamt seien die Briefe irreführend.
Gegen die Registerfirma sind weitere Klagen hängig
Und auch diesmal heisst das Gericht die Klage gut. Die Registerfirma wird verpflichtet, dem Jungunternehmer die Fr. 989.90 zurückzuerstatten und ihm eine Entschädigung von Fr. 402.30 zu vergüten. Dazu muss die IFW die Kosten für die Schlichtungsbehörde und das Zivilgericht von zusammen 280 Franken übernehmen. Noch offen ist, ob die Registerfirma das Urteil weiterzieht.
Mit der IFW hatte sich im vergangenen Jahr auch die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt befasst. Sie ermittelte wegen des Verdachts auf unlauteren Wettbewerb und hat in zwei Verfahren Strafbefehle erlassen. Nach Einsprachen der Beschuldigten ist der eine Fall am Strafgericht, der andere am Appellationsgericht hängig.
Musterprozesse: saldo bietet Rechtsschutz
Für den Jungunternehmer hätte sich die Klage nicht gelohnt, wenn seine Anwaltskosten nicht von saldo übernommen worden wären. Der Rechtsschutzfonds von saldo und «K-Tipp» unterstützt Musterprozesse, deren Urteile für eine Vielzahl von Konsumenten von Bedeutung sind. Wer eine Klage aus einem Konsumentenvertrag in Erwägung zieht, kann sich schriftlich unter folgender Adresse melden: saldo-Rechtsberatung, Postfach, 8024 Zürich.