Schnarchen - Nervensäge im Schlaf zimmer
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Gesundheitstipp 1/2000
01.01.2000
Abspecken, Zahnspange oder Atemtraining: Gegen Schnarchen ka nn man einiges tun
Schnarchen schadet meist weniger der Gesundheit als der Partnerschaft. Oft nützen einfache Verhaltensregeln. Falls nicht: Eine neues Atemtraining hilft Betroffenen, ohne unangenehme Nebenwirkungen zu verursachen.
Nora Brunner (Name geändert) hat sich ein Notbett in die Stube gestellt. Nur so kann sie schlafen. Ihr Mann Alex schnarcht so stark, dass sie neben ihm kein Auge zutun kann. U...
Abspecken, Zahnspange oder Atemtraining: Gegen Schnarchen ka nn man einiges tun
Schnarchen schadet meist weniger der Gesundheit als der Partnerschaft. Oft nützen einfache Verhaltensregeln. Falls nicht: Eine neues Atemtraining hilft Betroffenen, ohne unangenehme Nebenwirkungen zu verursachen.
Nora Brunner (Name geändert) hat sich ein Notbett in die Stube gestellt. Nur so kann sie schlafen. Ihr Mann Alex schnarcht so stark, dass sie neben ihm kein Auge zutun kann. Und seit ihr dreijähriger Sohn auf der Welt ist, kommen Ohrpfropfen für sie nicht mehr in Frage. «Ich muss hören, wenn der Kleine schreit», sagt die 37-Jährige.
Alex Brunner hat schon vieles ausprobiert: vom Nasenpflaster bis zu Ohrentropfen. Doch er schnarcht noch immer. An manchen Tagen ärgert sich Nora Brunner; die Beziehung leidet.
Schnarchen ist vor allem ein soziales Problem, der Gesundheit schadet es nicht. Es gibt allerdings eine Ausnahme: die Schlaf-Apnoe. Apnoe stammt aus dem Griechischen und bedeutet Windstille. Betroffene haben im Schlaf regelmässig kurze Erstickungsanfälle, weil sich der Rachen verschliesst. Erst wenn der Körper Sauerstoffmangel signalisiert, reagiert er: Mit einem lauten, explosionsartigen Schnarchen ringt der Betroffene nach Luft.
Apnoe: Viele wissen nicht, dass sie betroffen sind
Schlaf-Apnoe ist häufig: Ein Viertel der über 60-Jährigen leidet daran. 90 Prozent sind Männer. Meist wissen sie gar nicht, dass ihr Schlaf durch die Atempausen stark gestört ist. Tagsüber sind sie wie gelähmt vor Müdigkeit. Sie haben Kopfschmerzen, Schwindel und können sich nicht konzentrieren.
Apnoe-Betroffene leiden überdurchschnittlich oft an hohem Blutdruck und haben ein grösseres Infarkt-Risiko. Wer vermutet, dass er im Schlaf Atempausen macht, sollte daher zum Arzt gehen. Mit einem Selbsttest können Sie Ihr Apnoe-Risiko einschätzen.
Auch wer ohne gesundheitliches Risiko schnarcht, ist oft am Verzweifeln: Der Hausfrieden ist bedroht, wenn jemand so laut schnarcht, dass die Partnerin nicht schlafen kann. Hilflos ist man nicht. Von den vielen in Inseraten angepriesenen Methoden wirken aber nur jene, die die Ursache des Schnarchens angehen.
Wirkungslos sind zum Beispiel Geräte, die einen wecken, wenn man schnarcht. Das stört den Schlaf, verhindert aber nicht das Schnarchen.
Schnarchgeräusche entstehen durch eine verengte Stelle im Nasenraum oder im Rachen. Das kann sein, weil die Schleimhäute geschwollen sind, weil die Rachen- und Zungenmuskeln stark erschlaffen oder der Kiefer eine Fehlstellung aufweist. Durch die Engstelle kann der Betroffene nur schwer einatmen. Der Luftstrom lässt dann die Weichteile - Gaumensegel, Halszäpfchen und Schleimhaut-Falten - vibrieren.
Bei den meisten Schnarchern genügen bereits einige Verhaltensregeln: Wer Übergewicht abbaut, nicht raucht und am Abend keinen Alkohol trinkt, schnarcht viel weniger. Schnarcher sollten auch auf Schlaf- und Beruhigungsmittel verzichten. Sie lassen die Rachenmuskeln so stark erschlaffen, dass Atmen noch schwieriger ist. Schliesslich sollten Betroffene nicht auf dem Rücken schlafen: Dadurch kann der Zungenmuskel zurückfallen und den Rachen verengen.
In hartnäckigen Fällen können Schnarcher weitere Methoden ausprobieren.
Operationen können zu Sprachstörungen führen
Operationen am weichen Gaumen galten lange als schnelle und saubere Methode gegen das Schnarchen. Mit dem Messer oder dem Laser schneidet der Chirurg weg, was als zu viel erscheint: das ganze oder einen Teil des Halszäpfchens und überschüssiges Gaumengewebe.
Die Operationen sind allerdings umstritten. Wolfgang Pirsig, Professor für Hals-Nasen-Ohren-Medizin an der Universität Ulm, ist der Meinung: «Fast alle Operationen am Gaumen wären überflüssig, wenn die meist korpulenten Patienten abspecken würden.» Bei Übergewichtigen führe eine Operation zudem selten zum Erfolg.
Pirsig warnt auch vor zu radikalen Eingriffen. Sie können beim Patienten unangenehme Schluck-, Sprach- und Atemstörungen verursachen. «Beim Sprechen droht zum Beispiel der Verlust der Laute r und ch. Auch mit dem Saugen, Blasen, Pfeifen und Niesen klappt es dann nicht mehr richtig», sagt Pirsig.
Eine neue, nebenwirkungslose Methode gegen das Schnarchen hat Werner Bauer, Lungenspezialist am Berner Lindenhofspital, gefunden: Das Trainieren der Atemmuskeln mit einem speziellen Apparat. Urs Boutellier, Professor für Sportphysiologie an der ETH Zürich, entwickelte das Gerät für das Atemtraining von Sportlern. Eine Studie ergab, dass es auch Schnarchern hilft: 20 Testpersonen atmeten mit dem Apparat täglich eine halbe Stunde lang rhythmisch und stark. Dies trainiert jene Muskeln, die bei Schnarchern im Schlaf zu stark erschlaffen.
Das Atemtraining hat allen Schnarchern geholfen
Geholfen hat das Training allen Studienteilnehmern. Auch dem 57-jährigen Rudolf Gysi, der ein starker Schnarcher war. Seine Frau hatte sich mit Ohrstöpseln durch die Nacht geholfen. Von der neuen Trainingsmethode ist Gysi begeistert: «Sie hat nur positive Auswirkungen.» Solange Rudolf Gysi seine Atmung trainiert, schnarcht er nicht. Ist er etwas nachlässig, erinnert ihn seine Frau an das Training. Ein weiterer Vorteil: Er hat mehr Luft beim Sport.
Einziger Nachteil: Das Gerät ist noch nicht für alle Betroffenen verfügbar. «Wir müssen noch weitere Studien machen», erklärt Werner Bauer. Kritiker befürchten nämlich, dass das Training die Muskeln nicht nur stärkt, sondern auch wachsen lässt. Dies würde das Atmen noch mehr erschweren. Bauer konnte dies allerdings nicht feststellen.
Sonja Marti
Wer Interesse am Atemtraining hat, kann sich bei Werner Bauer, Lindenhofspital Bern, melden (Tel. 031 300 88 90).
Leiden Sie an Schlaf-Apnoe?
Schnarcher mit Schlaf-Apnoe machen Atempausen im Schlaf. Wenn Sie die Mehrzahl der folgenden Fragen mit Ja beantworten, leiden Sie vielleicht daran.
- Sind Sie häufig müde, obwohl Sie genug schlafen?
- Schlafen Sie tagsüber ungewollt ein?
- Haben Sie Mühe, sich zu konzentrieren?
- Haben Sie Übergewicht?
- Schlafen Sie unruhig?
- Hat jemand bei Ihnen Atempausen beobachtet?
- Schnarchen Sie unregelmässig und laut?
Wenn Sie vermuten, dass Sie unter Schlaf-Apnoe leiden, suchen Sie einen Arzt auf. Nächtliche Atempausen sind eine ernsthafte Gefahr für die Gesundheit.