Es ist nicht so wichtig, ob man diesen oder jenen Aktienfonds kauft. Viel wichtiger ist, dass man sein Vermögen richtig auf die verschiedenen Anlageklassen verteilt. Das haben die drei US-amerikanischen Finanzspezialisten Brinson, Hood und Beebower in einer viel beachteten Studie nachgewiesen.
In der klassischen Vermögensaufteilung gibt es drei Anlageklassen: Aktien, Obligationen und Bargeld. Die Studie zeigt, dass die einzelnen Aktien- und Obligationentitel die Rendite der gesamten Investition praktisch nicht beeinflussen. Über 90 Prozent der Rendite hängen alleine von der Aufteilung auf die Anlageklassen ab.
Im Prinzip scheint die Vermögensaufteilung demnach einfach: Der Anleger investiert sein ganzes Vermögen in jene Anlageform, welche die höchste Rendite verspricht – also Aktien.
Rolf Biland, Anlagechef beim VZ Vermögenszentrum in Zürich, warnt allerdings: «Wer das gesamte Geld in Aktien steckt, ist schlecht beraten.» Aktien führen nämlich nur auf lange Sicht zu einer Mehrrendite gegenüber anderen Anlagen.
«Wer genau dann verkaufen muss, wenn die Aktienkurse tief sind, kann viel Geld verlieren», sagt Biland. Der Anleger muss Aktien fünf, sieben oder noch mehr Jahre halten können. Und er muss vorübergehende starke Rückschläge verkraften und aussitzen können.
Ältere Anleger haben genau wegen dieser möglichen Rückschläge in der Regel einen grossen Respekt vor Aktienanlagen. Oft einen zu grossen Respekt. Als Folge davon investieren sie das ganze Vermögen oder grosse Teile davon in Obligationen.
Oder sie investieren allenfalls gemäss der Faustregel «100 minus Alter» in Aktien. Ein 65-Jähriger darf demnach noch 35 Prozent des Vermögens in Aktien halten.
Das ist aber Unsinn. Denn die Höhe des Aktienanteils hängt nicht vom Alter des Investors ab, sondern von seiner individuellen finanziellen Situation.
Viele Pensionäre unterschätzen ihren Anlagehorizont bei der Pensionierung. Männer können bei der Pensionierung damit rechnen, noch 20 Jahre zu leben, Frauen noch 24 Jahre.
Aller Anfang einer Finanzplanung ist das Budget
Sicherheitshalber sollte man bei der Pensionierung mit 30 weiteren Lebensjahren rechnen. Rentner haben oft ein deutlich geringeres Einkommen als Berufstätige. Sie müssen ihren Lebensunterhalt daher meist aus ihrem Vermögen bestreiten. Erst nach 30 Jahren sollte das Vermögen aufgebraucht sein.
Am Anfang jeder Finanzplanung für die Zeit nach der Pensionierung steht deshalb das Budget. Wie hoch ist das Einkommen aus AHV- und Pensionskassenrente und allenfalls weiteren Quellen? Wie hoch sind die Ausgaben?
Sind die Ausgaben höher als die Einnahmen, bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder man reduziert die Ausgaben oder man stopft die Einkommenslücke, indem man sein Vermögen aufbraucht. Das Vermögen sollte jedoch die oben genannten 30 Jahre reichen, um die Einkommenslücke während der ganzen verbleibenden Lebenszeit zu stopfen.
Nun teilt man sein Vermögen auf. Man investiert dazu jenen Teil, der die Einkommenslücke in den ersten fünf Jahren decken soll, in sichere Anlagen. Besonders vorsichtige Pensionäre investieren den Vermögensteil für die ersten sieben Jahre in sichere Anlagen.
Was innerhalb des kommenden Jahres benötigt wird, wird als Bargeld auf einem Konto belassen. Es muss jederzeit verfügbar sein. Was in den Jahren zwei bis fünf respektive sieben benötigt wird, legt man in Obligationen an.
Der ganze Rest kann in Aktien investiert werden. Das Ziel: Die Aktien sollen nach fünf oder sieben Jahren eine deutlich höhere Rendite abwerfen als eine Investition in weniger riskante Anlagen. Und dieses Ziel dürfte auch erreicht werden. Tatsache ist nämlich, dass Rückschläge an den Aktienbörsen in der Regel sehr viel weniger lang dauern als fünf Jahre.
Der Basler Finanzmarktprofessor Heinz Zimmermann hat beispielsweise für die Schweiz untersucht, wie lange schwere Börseneinbrüche gedauert haben. Von 1970 bis 2005 gab es 13 Rückschläge von mehr als 10 Prozent innerhalb eines Monats.
In zwölf Fällen dauerte es nicht einmal zwei Jahre, bis die Kurse wieder mindestens ihr ursprüngliches Niveau erreicht hatten. Nur einmal, in der durch die Ölkrise ausgelösten Rezession von 1973, dauerte es fünf Jahre, bis sich die Kurse wieder vollständig erholt hatten.
Alle fünf Jahre wird das Vermögen neu aufgeteilt
Der Anleger muss also fünf oder bei einer selbstverständlich jederzeit möglichen noch schwereren Krise als 1973 vielleicht sieben Jahre überstehen, ohne dass er seine Aktien verkaufen muss. Nach Ablauf dieser Zeitspanne sind seine Aktien mindestens wieder so viel wert wie vor der Investition.
In der Regel haben sie aber nach fünf oder sieben Jahren einen deutlich höheren Wert. Denn langfristig erzielt man mit Aktien eine Rendite von rund 8 Prozent pro Jahr.
Nach Ablauf der fünf oder sieben Jahre wird das zu diesem Zeitpunkt noch vorhandene Vermögen wieder aufgeteilt. Jener Teil, der die nächsten fünf oder sieben Jahre gebraucht wird, fliesst in sichere Anlagen, der Rest bleibt in Aktien. Fünf oder sieben Jahre später wird wieder aufgeteilt. Und so weiter.
Wichtig ist, dass der Anleger die Entwicklung an den Finanzmärkten verfolgt. Nach einem kräftigen Anstieg der Aktienkurse sollte er einen Teil der Gewinne abschöpfen. Diesen kann er zum Stopfen der Einkommenslücke brauchen, nachdem er den Obligationenanteil vollständig verzehrt hat.
So legen Sie Ihr Geld nach der Pensionierung an
- Erstellen Sie ein Budget. Daraus ersehen Sie, wie viel Geld Sie in einem Jahr von Ihrem Vermögen abzwacken müssen, um den gewünschten Lebensstandard zu finanzieren. Seien Sie bei den Einnahmen eher vorsichtig, bei den Ausgaben hingegen grosszügig.
- Multiplizieren Sie den errechneten Betrag mit fünf (sehr vorsichtige Anleger multiplizieren ihn mit sieben).
- Das Ergebnis ist jener Betrag, den Sie in Obligationen und als Bargeld halten. Ein Fünftel oder ein Siebtel davon wird für die Deckung der Einkommenslücke im ersten Jahr verwendet (Bargeld), der Rest für die folgenden Jahre (Obligationen).
- Den gesamten Rest des Vermögens investieren Sie in Aktien. Empfehlenswert ist der Kauf einiger Indexfonds, um das Risiko möglichst breit zu streuen und die Gebühren zu senken.
- Passen Sie Ihr Vermögen jedes Jahr neu an. Wenn die Aktienkurse gestiegen sind, verkaufen Sie so viel, dass Sie wieder fünf respektive sieben Jahre überbrücken können. Bei tiefen Aktienkursen warten Sie mit dem Verkauf, bis sie sich erholt haben.
Vorsicht! Pläne zur Fondsentnahme oft ungünstig
Banken empfehlen Pensionären oft Fondsentnahmepläne. Das Vermögen wird dabei in einen oder mehrere Fonds angelegt, aus denen regelmässig ein bestimmter Betrag ausbezahlt wird. Dieser Betrag soll die Einkommenslücke zwischen Renteneinkommen und Ausgaben decken. Der Betrag kann angepasst werden, wenn sich die Lebensumstände ändern und der Kapitalbedarf steigt oder sinkt.
Solche Fondsentnahmepläne haben aber Nachteile. Je tiefer die aktuellen Kurse, desto mehr Fondsanteile müssen verkauft werden. Diese Anteile fehlen dann, wenn sich die Kurse wieder erholen. Der Anleger kann von einer Kurserholung deshalb nicht mehr vollumfänglich profitieren.
Die Fondsherausgeber erheben ausserdem hohe Gebühren auf aktiv gemanagte Fonds. Privatanleger fahren besser, wenn sie auf kostengünstigere Indexfonds setzen.