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Gesundheitstipp 4/2000
31.03.2000
A. Meier, 31: Leben mit Tourette
"Ich spüre jeden Tick vorher"
Meine Ticks sind zwanghaft. Ob ich nun zucke oder jaule, Fluchwörter ausstosse oder die Tonleiter singe, ich kann dieses Bedürfnis, "es" zu tun, nicht stoppen. Das Tourette-Syndrom tut es mit mir.
Im Verlauf meiner Krankheit habe ich eine Palette von etwa 40 verschiedenen Ticks entwickelt - eine beachtliche Anzahl an Marotten also. ...
A. Meier, 31: Leben mit Tourette
"Ich spüre jeden Tick vorher"
Meine Ticks sind zwanghaft. Ob ich nun zucke oder jaule, Fluchwörter ausstosse oder die Tonleiter singe, ich kann dieses Bedürfnis, "es" zu tun, nicht stoppen. Das Tourette-Syndrom tut es mit mir.
Im Verlauf meiner Krankheit habe ich eine Palette von etwa 40 verschiedenen Ticks entwickelt - eine beachtliche Anzahl an Marotten also. Dabei habe ich immer zwei, drei Hauptticks. Derzeit wackle ich oft mit dem Kopf oder meine linke Hand verspannt sich - blitzschnell.
Häufig spreche ich auch nach, was ich aufschnappe. Nicht beim Einkaufen im Dorf, vielmehr beim Fernsehen. Spricht die Moderatorin vom Wetter, so wiederhole ich wortgetreu die Prognosen. Im Fachjargon nennt sich das Echolalie: das Wiederholen von eben gehörten Sätzen.
Ich spüre jeden Tick, der sich in mir anbahnt. Es ist eine Spannung, die raus muss. Erst danach bin ich befreit. Diese Spannung habe ich nur in der linken Körperseite, aus diesem Grund zucke ich auch nur links.
Ich kann nicht entscheiden, welchen Tick ich mache; was ich aber kann, ist Ticks umleiten. Vom Fuss in den Arm, vom Arm in die Hand oder sonstwohin. In brenzligen Situationen kann ich die Zuckungen sogar über mehrere Stunden unterdrücken, im Nachhinein melden sie sich dann aber umso heftiger.
Zu Beginn meiner Erkrankung vor fünf Jahren gab es Phasen, in denen das Tourette-Syndrom vollständig Besitz von mir ergriff. Erst seit ich ein Neuroleptikum nehme, geht es mir besser. Vorher war ich oft fix und fertig oder hatte Muskelkater.
Manchmal schnalzte ich unaufhörlich mit der Zunge -, 42 Mal pro Minute - bis Zunge und Kiefer total erschöpft waren. Hinzu kam das Zucken, das schon am Morgen wie ein Sturm in mir lostobte und bis in die Nacht dauerte. Um etwas Ruhe zu finden, band ich meine Glieder ans Bett. Lindernd war auch, Alkohol zu trinken.
Heute kann ich arbeiten, ohne dass jemand etwas von meiner Krankheit ahnt. Sobald ich mich konzentriere, sind die Ticks nämlich weg. Als Akkordeon- und Keyboardlehrerin unterrichte ich an Jugendmusikschulen. Manchmal gebe ich auch Solokonzerte, spiele Musette, Tango und Irische Volksmusik auf meinem Akkordeon. Das macht grossen Spass, ist aber auch immer mit Nervosität verbunden. Vor einem Konzert habe ich manchmal doppelt so viele Ticks wie sonst. Da kann es sein, dass ich tagelang wie ein junger Wolf heule.
Ich habe die Öffentlichkeit nie gemieden, obwohl mich meine Krankheit schon im Kindergarten zu einer Art Aussenseiterin machte. Damals befielen mich häufig Bauchkrämpfe - eigentlich untypisch für das Tourette-Syndrom - und ich sonderte mich oft ab.
Die Ärzte vermuteten dafür psychische Ursachen. Erst als ich viel später auf einen Artikel stiess, wusste ich, dass ich das Tourette-Syndrom hatte. Den Artikel legte ich dem Hausarzt auf den Tisch. Er konnte meine Vermutung nur noch bestätigen.
Meine Krankheit ist unheilbar. Damit habe ich mich Schritt für Schritt abgefunden. Abfinden müssen. Ich betrachte sie längst nicht mehr als Feind, sondern als einen Freund, mit dem ich durchs Leben schreite.
Kasten
Tourette-Syndrom: Zwanghafte Ticks
Etwa 1 von 2000 Personen leidet in der Schweiz unter dem Tourette-Syndrom. Die Erkrankung ist unheilbar und beginnt meist vor dem 21. Lebensjahr. Die Ursache ist bis heute nicht geklärt.
So verschieden die Menschen, die erkrankt sind, so verschieden sind auch die Ticks und Tickkombinationen.
° Die einfachen motorischen Ticks reichen vom unwillkürlichen Augenzwinkern und Lippenlecken bis zu Zuckungen an Armen und Beinen. Oft fängt das Syndrom mit einem Gesichtstick an.
° Die komplexeren motorischen Ticks sind zum Beispiel Berühren anderer Menschen (Touching), unflätige Gesten und spezielle Gangmuster.
° Auch Ticks mit der Stimme kommen vor: etwa Tiergeräusche machen, mit der Zunge schnalzen und unflätige Wörter oder Schreie ausstossen.
° Die Symptome lassen sich medikamentös behandeln. Dazu verschreiben Ärzte Neuroleptika und andere Psychopharmaka. Nicht immer aber sind diese Behandlungen erf