Zahnarztkosten - Löcher im Portemonnaie
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saldo 17/2000
25.10.2000
Zahnarztrechnungen sind für die Patienten ein Buch mit sieben Siegeln. Wer sich vor einer Zahnbehandlung nicht genau informiert, riskiert Löcher im Portemonnaie.
Werner Hofstetter aus Bümpliz BE musste einen langen Weg gehen, bis er ein passendes Gebiss bekam. Die erste Vollprothese, die der Frühpensionär bei seiner Berner Zahnärztin Zita Altorfer machen liess, zeigte schon bald grosse Mängel: Risse und schlecht passenden Sitz. Hofstetter: "Ich kam mir vor wie ein Hamster, ...
Zahnarztrechnungen sind für die Patienten ein Buch mit sieben Siegeln. Wer sich vor einer Zahnbehandlung nicht genau informiert, riskiert Löcher im Portemonnaie.
Werner Hofstetter aus Bümpliz BE musste einen langen Weg gehen, bis er ein passendes Gebiss bekam. Die erste Vollprothese, die der Frühpensionär bei seiner Berner Zahnärztin Zita Altorfer machen liess, zeigte schon bald grosse Mängel: Risse und schlecht passenden Sitz. Hofstetter: "Ich kam mir vor wie ein Hamster, weil mir das Essen zwischen Gebiss und Zahnfleisch in die Backe drückte." Gut 10 000 Franken hat er für das Problemgebiss aus der eigenen Tasche bezahlt - zu viel, um gleich wieder ein Neues machen zu lassen.
Offizielles Gutachten bestätigte den Zahnarztpfusch
Nach mehreren Ausbesserungen und kleineren Reparaturen hat Hofstetter trotz Schlichtungsversuchen kein Vertrauen mehr zu seiner Zahnärztin. Über die kantonale Gesundheitsdirektion lässt er ein Gutachten erstellen. Fazit: Das Gebiss sei gegen alle Regeln der zahnärztlichen Kunst gefertigt und als solches unbrauchbar. Die Haftpflichtversicherung der Zahnärztin muss nun die Kosten für das alte Gebiss bezahlen. Zita Altorfer wollte im Kassensturz zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen, da andere Zahntechniker nach ihr am Gebiss zu viel geändert hätten.
° Tipp: Werner Hofstetter hätte sich viel Ärger sparen können, hätte er im Voraus bei einer Fachperson eine zweite Meinung eingeholt.
Sehr empfehlenswert bei grösseren Behandlungen ist ein Kostenvoranschlag - dieser darf nur zehn Prozent von der endgültigen Arztrechnung abweichen. Auf den ersten Blick sind Zahnarztrechnungen für Patienten wie ein Buch mit sieben Siegeln: Es wimmelt von unklaren Tarifpositionen, Fremdwörtern und unverständlichen Taxpunkten.
Der schweizerische Zahnärzteverband SSO hält seine Mitglieder dazu an, eine detaillierte Rechnung zu erstellen, aus der Taxpunktwert, Anzahl Taxpunkte und die einzelnen Tarifpositionen klar hervorgehen. Dies gilt auch für Laborarbeiten, die der Zahnarzt ausführen lässt. Ehrliche Zahnärzte haben nichts zu verbergen. Zahntechniker Erwin Kreit aus Emmenbrücke LU dazu: "Aus der Zahnarztrechnung sollte klar hervorgehen, was der Zahntechniker gemacht hat."
Kommt es trotzdem zu einer bösen Überraschung mit der Rechnung, kann der Patient in begründeten Fällen mit dem Entgegenkommen des Zahnarztes rechnen, das heisst mit Ratenzahlung oder Reduktion der Rechnung.
° Tipp: Stellt der Zahnarzt eine unerwartet hohe Rechnung, umgehend eine Reduktion erbitten.
Im Streitfall kann ein Zweitgutachten weiterhelfen
Sind die Fronten verhärtet und ist keine gütliche Einigung in Sicht, entscheidet die Honorarprüfungskommission darüber, ob eine Zahnarztrechnung angemessen ist oder nicht. Steht die Qualität der zahnärztlichen Arbeit zur Debatte, befindet eine Begutachtungskommission der kantonalen Zahnärzteschaft darüber. Stossend daran ist: Diese Gremien sind nicht unabhängig, Zahnärzte beurteilen also die Arbeit ihrer Berufskollegen.
° Tipp: Bei Uneinigkeit die Rechnung der zuständigen Kommission vorlegen (Adresse teilt der Kantonale Zahnärzteverband mit). In schwierigen Streitfällen ein Zweitgutachten von einem verbandsunabhängigen Zahnarzt machen lassen.
Daniel Müller
Rechnungen - Zahnärzte haben grossen Spielraum
Grundsätzlich kann jeder Zahnarzt sein Preisniveau selbst festlegen. Jede Rechnung besteht aus zwei Faktoren: dem Taxpunktwert und der Anzahl Taxpunkte. Den effektiven Wert auf der Rechnung erhält der Patient, indem er den Taxpunktwert mit der Anzahl Taxpunkte multipliziert. Der Arzt wählt zum Beispiel für das Ziehen eines mehrwurzligen Zahns einen Taxpunktwert zwischen Fr. 3.10 (günstiger Suva-Tarif) und Fr. 4.95 (vom Zahnärzteverband empfohlenes Maximum), und zwischen 12 und 17 Taxpunkte. Im Minimum verrechnet der Zahnarzt also 12 x Fr. 3.10 (Fr. 37.20) für den gezogenen Zahn, maximal jedoch 17 x Fr. 4.95 (Fr. 84.15) - mehr als das Doppelte also.
Spezialisten verrechnen für aufwändige Arbeiten meist mehr als den Minimaltarif. Kostenbewusste Patienten wählen Volkszahnkliniken oder zahnmedizinische Universitäten: Diese arbeiten meist zum günstigeren Suva-Tarif.