Haben Sie schon mal ans Aufhören gedacht?
Ja, solche Momente gab es.
Wann war das?
Meistens dann, wenn langjährige Berufskollegen von einem Tag auf den anderen den Job an den Nagel hängten und zu mir sagten: «Ich kann nicht mehr.» Trotzdem möchte ich bis zur Pension weiterfahren – vorausgesetzt, dass meine Gesundheit mitspielt.
Wie meinen Sie das?
Der Job ist stressiger geworden. Die Ware muss immer schneller beim Kunden sein. Als Chauffeur sitzt mir die Zeit gnadenlos im Nacken. Ein Beispiel: Früher galt in Europa eine Lieferfrist von zwei Wochen, heute sind es maximal 48 Stunden. Zugleich hat es überall mehr Verkehr und Baustellen. Ich muss mich jederzeit konzentrieren. Andernfalls kann es tödlich enden. All das erzeugt viel Druck.
Haben Sie Beschwerden?
Ich hatte vor Jahren Probleme mit dem Rücken – heute aber nicht mehr. Die Probleme kommen bei meinem Job schleichend. So hatte ich ab und zu Mühe mit dem Einschlafen, weil ich den Stress nachts nicht abbauen konnte. Oder ich erwachte nach drei Stunden und sorgte mich, dass ich die Tour am nächsten Tag zeitlich nicht schaffe.
Wie sind Sie da rausgekommen?
Indem ich den Job von einem Kollegen übernahm, der pensioniert wurde. Danach hatte ich Touren mit planbaren Zeiten. Ich stand abends nicht mehr im Stau vor einem Tunnel, sondern hatte Feierabend und Zeit für meine Partnerin und Freunde. Der Stress nahm ab, und mit der Zeit verschwanden auch meine Schlafprobleme.
Als Chauffeur sitzt man ständig. Was tun Sie, damit die Rückenprobleme nicht zurückkehren?
Ich gehe wenn möglich zu Fuss oder mit dem Velo zur Arbeit. In meiner Freizeit steige ich aufs Mountainbike oder gehe wandern. Für mich ist klar: Als Chauffeur muss ich fit sein. Denn ich muss ja auch Ware ein- und ausladen. Für die Rollis mit den schweren Paletten muss ich wendig und kräftig sein. Mit Übergewicht wäre es schwierig, meinen Job zu machen.
Achten Sie darauf, was Sie essen?
Fastfood in Raststätten meide ich, so gut es geht. Lieber besuche ich klassische Chauffeurbeizen. Dort gibts auch Menüs mit Gemüse. Es muss nicht unbedingt Fleisch sein. Ich schlinge zudem heute das Essen nicht mehr herunter, sondern nehme mir Zeit dafür.
Warum wurden Sie eigentlich Lastwagenchauffeur?
In den 90er-Jahren transportierte ich für ein Hilfsprojekt Waschmaschinen, Spielzeug und Baumaterial nach Rumänien. Unterwegs sein, einen Auftrag haben und sein eigener Chef sein: Als junger Mann fand ich das toll. Dieses Gefühl von Freiheit mag ich noch immer.
Zur Person
Martin Zurgilgen war in jungen Jahren als Fernfahrer für mehrtägige Touren in Europa unterwegs. Heute fährt er mit dem Tankwagen in der Innerschweiz. Er lebt mit Partnerin in Sarnen OW.