Warum Biofleisch doch gesünder ist
Nach dem Ehec-Ausbruch in Deutschland kamen Bio-Produkte wieder unter Beschuss. Zu Unrecht, sagen Fachleute. Untersuchungen belegen, dass Bio-Bedingungen Ehec weniger fördern als konventionelle Tiermast.
Inhalt
Gesundheitstipp 07+8/2011
25.06.2011
Letzte Aktualisierung:
29.06.2011
Tobias Frey
«An Bio-Gemüse kann man sterben», warnte der Immunologe Beda Stadler von der Universität Bern Ende Mai im «Blick». Und der Titel in der «NZZ»-Internetausgabe vom 7. Juni lautete: «Auch auf Bio kein Verlass mehr?»
Die deutschen Behörden hatten am Vortag die Ehec-Keime auf Sprossen eines deutschen Bio-Betriebes in Niedersachsen nachgewiesen. Mit dem Ehec-Fall kam die Bio-Landwirtschaft massiv unter Druck – auc...
«An Bio-Gemüse kann man sterben», warnte der Immunologe Beda Stadler von der Universität Bern Ende Mai im «Blick». Und der Titel in der «NZZ»-Internetausgabe vom 7. Juni lautete: «Auch auf Bio kein Verlass mehr?»
Die deutschen Behörden hatten am Vortag die Ehec-Keime auf Sprossen eines deutschen Bio-Betriebes in Niedersachsen nachgewiesen. Mit dem Ehec-Fall kam die Bio-Landwirtschaft massiv unter Druck – auch in der Schweiz.
Zu Unrecht, wie immer mehr Untersuchungen aufzeigen: Ehec-Keime sind viel mehr ein Problem von konventionellen Bauernhöfen als von Biobetrieben. Ehec gehört zu den Koli-Bakterien. Diese kommen vor allem im Darm von Rindern und Schafen vor.
Fressen die Tiere ausschliesslich Heu wie auf Biohöfen, haben sie viel weniger Kolibakterien im Darm. Wenn die Tiere hingegen stärkehaltiges Kraftfutter wie Mais fressen, ist die Zahl der Kolibakterien grösser – und damit auch die der Ehec-Keime.
Bei konventionellen Betrieben macht solches Kraftfutter bis zur Hälfte der Nahrung aus. Die Tiere scheiden dann mit dem Kot viel mehr Keime aus, die mit der Gülle auf die Felder, ins Trinkwasser oder beim Schlachten gar aufs Fleisch geraten können.
Kraftfutter begünstigt gefährliche Keime
Einen schlagkräftigen Versuch machte ein Team des Forschers James Kenn vom Animal Research Center in Nebraska (USA) bereits vor zwölf Jahren. Es hatte 200 Rinder untersucht und festgestellt, dass 53 Prozent der Tiere mit Ehec-Keimen infiziert waren.
Dann teilten die Forscher die infizierten Tiere in zwei Gruppen ein. Die eine Gruppe bekam weiterhin Kraftfutter, die andere nur noch Heu. Von den Rindern mit dem Kraftfutter waren später 52 Prozent mit den gefährlichen Keimen infiziert, von der Gruppe, die ausschliesslich Heu frass, nur noch 18 Prozent.
Kommt dazu: Kraftfutter erzeugt im Verdauungstrakt der Rinder viel mehr Säure als Heu. Und das begünstigt genau jene Keime unter den Kolibakterien, die für den Menschen gefährlich sind: Gelangen sie mit dem Essen in den Magen, überleben sie dort das Säurebad.
Das konnte die Gruppe von James Russell von der Cornell-Universität in Ithaca, New York, zeigen. Die Forscher veröffentlichten die Ergebnisse bereits 1998 im renommierten US-Fachblatt «Science». Auch in diesem Fall zeigte sich: Stellt man die Rinder von Kraftfutter auf Heu um, nahm die Zahl säureresistenter Kolibakterien im Rinderdarm innert 5 Tagen um das Millionenfache ab.
Keine Daten in der Schweiz
Für den US-Forscher Russell war schon damals klar: Man müsste Rindern eine Woche vor der Schlachtung einfach nur noch Heu füttern – wie auf Biobetrieben: «Das würde das Risiko signifikant senken, an Ehec-Keimen zu erkranken.»
In der Schweiz gibt es keine vergleichbaren Untersuchungen. Doch Walter Schären von der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux erstaunen diese Befunde nicht. Es könne gut sein, dass eine entsprechende Fütterung die Ehec-Keime im Darm reduziere.
Für Schären ist zwar «alles» begrüssenswert, was das Ehec-Risiko verkleinert. Dennoch findet er es übertrieben, Rinder vor dem Schlachten ganz auf Heu umzustellen: «Die Hygiene beim Schlachten und Verarbeiten des Fleisches ist viel entscheidender.» Schliesslich habe es in der Schweiz noch keinen Ehec-Ausbruch wegen verseuchten Fleischs gegeben.
Heinrich Bucher von Proviande, der Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft, sieht keinen Grund zum Handeln: Auch Rinder aus konventionellen Betrieben würden hauptsächlich Heu und Gras fressen, allerdings weniger als in Biobetrieben. Bucher: «Die Differenz ist zu klein.»
Für Biokritiker Stadler sind die Studienresultate «trivial». Es sei klar, dass sich der Stuhlgang je nach Nahrung verändere. Stadler schreibt, das Ehec-Problem habe «jemand» verursacht, der «tierische oder menschliche Fäkalien» in die Produktion eingeschleppt habe.
Tipps: Ehec: So reduzieren Sie das Risiko
- Essen Sie weniger rotes Fleisch. Einmal in der Woche genügt.
- Essen Sie Biofleisch: Das Risiko für gefährliche Kolibakterien ist einiges kleiner.
- Garen und braten Sie das Fleisch immer gut durch.
- Verzichten Sie auf Tatar.
- Weichen Sie auf Fisch aus.
- Hülsenfrüchte wie Linsen und Kichererbsen enthalten viel Eisen und Eiweiss.
- Viel wichtiges Vitamin B12 steckt auch in Eiern und Milchprodukten.
- Trinken Sie keine Rohmilch.
- Waschen Sie Gemüse, Salat und Früchte gründlich.
- Trinken Sie auf Wanderungen nur aus Brunnen, deren Wasser als trinkbar deklariert ist.