Resultate und Trainingsberichte der drei Läuferinnen

Sie fühlen sich wie Renn­pferde in der Startbox: Energiegeladen und ungeduldig warten die Teilnehmerinnen der «Aktion Volkslauf» auf den Start Mitte Juni. Irma Süess, die An­fängerin, Ursula Wyss, die Fort­geschrittene, und Stefania Howald, die Ambitionierte, haben in weniger als zwei Monaten Training gezeigt, was in ihnen steckt: Alle drei haben grosse Fortschritte gemacht. Stefania Howald freut sich: «Ich kann viel länger und schneller rennen als ­vorher.» 

Das zeigt auch der zweite Leistungstest im sportmedizinischen Institut «Movemed» an der Klinik Balgrist in Zürich Ende Mai. Dafür mussten Süess, Wyss und Howald auf dem Laufband rennen und sich in den Finger pieksen lassen. Der Laktatwert im Blut zeigt, ob sich die Läuferinnen seit dem ersten Test Anfang April verbessert haben. Laktat entsteht vermehrt im Körper, wenn man sich anstrengt und die Puste nicht ausreicht. Je besser trainiert ein Sportler ist, umso später und langsamer steigt der Wert an. 

Bei Irma Süess und Ursula Wyss zeigt sich das eindrücklich: Ihre Körper bilden bei gleichem Renntempo wie Anfang April nur noch halb so viel Laktat. Trainings­experte Sandro Galli erklärt: «Die Läuferinnen sind jetzt in der Lage, effizienter Energie zu mobilisieren.» Ihre Muskeln können länger mehr leisten. Stefania Howald war schon zuvor gut trainiert, ihre Laktatwerte haben sich seit April praktisch nicht ver­ändert. Bei ihr sieht man den Leistungsgewinn daran, dass sie viel schneller rennen kann: Sie steigerte ihre Höchstgeschwindigkeit von 13 auf 15 Kilometer pro Stunde.

Doch nicht nur der Stoffwechsel ist bei Süess, Wyss und ­Howald in Schwung gekommen. 

Auch das Herz leistet mehr. Das belegen die tieferen Ruhepulswerte. Bei Irma Süess beträgt er 62 Schläge pro Minute, im April waren es noch 70. Christian Schmied, Leiter der Sportkardiologie am Unispital Zürich, lobt: «Die drei Läuferinnen haben jetzt deutlich mehr Aus­dauer.» Das Herz habe sich daran gewöhnt, mehr leisten zu müssen. Zudem hätten die Frauen durch das Training mehr Beinmuskeln auf­gebaut und dadurch an Kraft gewonnen.

«Ich kann jetzt eine Stunde am Stück rennen»

Die Zahlen auf dem Papier widerspiegeln die Gefühle der Läuferinnen. Irma Süess, die bisher nie Sport getrieben hatte, sagt stolz: «Vorher konnte ich keine zweihundert Meter am Stück rennen. Und jetzt schaffe ich sogar eine Stunde.» Sie habe sich so daran gewöhnt, ­regelmässig zu joggen, «dass mir das Training richtig fehlt, wenn ich es einmal ausfallen lassen muss». Mitte Juni startet sie in Sempach am ersten Lauf ihres Lebens, dem «Hellebardino» über 5,8 Kilometer. Irma Süess sieht dem Rennen mit Zuversicht entgegen: «Ich weiss, dass ich es kann.» 

Ursula Wyss freuts besonders, «dass ich endlich meine frühere Form wiedergewonnen habe». Ihr Ziel: die 10-Kilometer-Strecke am Frauenlauf in Bern in weniger als einer Stunde zu rennen. «Das habe ich kürzlich im Training geschafft.» Hatte sie zuvor noch Mühe, zwei Stunden am Stück zu laufen, klappt das nun problemlos. Wyss: «Nach sieben, acht Kilometern beginnt mein Motor richtig zu laufen», sagt sie. «So könnte ich fast endlos weiterrennen.» Einmal pro Woche trainiert sie im Lauftreff. Dort gibt es Gruppen mit verschieden schnellen Läufern. Wyss: «Ich bin in die nächste Gruppe aufge­stiegen und kann auch mithalten», sagt sie. 

Stefania Howald spürt den Trainingseffekt ebenfalls sehr gut: Sie kann jetzt mehrmals hintereinander einen Spurt hinlegen. Howald: «Ich habe viel mehr Kraft in den Beinen.» Sie startet am Nacht-Halbmarathon über 21 Kilometer an den Bieler Lauftagen.

Für die Woche vor dem Start gibt Sandro Galli letzte Tipps: «Nur locker trainieren und sich nicht verausgaben.» Denn für den Lauf müssten die Muskeln «optimal ausgeruht sein». Beim ­Essen dürfen die Läuferinnen dafür kräftig zulangen: Galli empfiehlt mehrmals pro Woche Speisen mit viel Kohlen­hydraten und wenig Fett wie Teigwaren oder Kartoffeln. Galli: «Die Kohlenhydratspeicher müssen gut gefüllt sein, damit die Energie fürs Rennen ausreicht.»