Meine Hände sind stark verkrümmt. Ich bin Blockflötenlehrer, da sind sie natürlich direkten Blicken ausgesetzt. Viele Leute schauen mich mitleidig an, Teenager grinsen oft. Je nach Stimmungslage ist mir das unangenehm. Kinder dagegen sind herrlich unkompliziert und stellen Fragen. Damit habe ich kein Problem. Zwar ist es mir unmöglich geworden, Vivaldi und Bach zu spielen. Dafür sind meine Finger zu steif. Aber mit Improvisationen in verschiedenen Musikstilen kann ich mich immer noch verwirklichen.
Die Krankheit verläuft schleichend. Den ersten Schub erlebte ich als 12-Jähriger über Nacht. Alle Gelenke schmerzten. Seit diesem Schlüsselerlebnis traten, meist nach grösseren Belastungen, Schmerzen in Füssen, Hüfte und Leiste auf. Ich schränkte meine Bewegungen ein, damit es weniger weh tat. Doch das führte zu Fehlstellungen. Die Kraft in den Händen liess nach und sie verformten sich allmählich.
Da stellte der Rheuma-Arzt die Diagnose: rheumatoide Arthritis. Meine Gelenke waren stark entzündet. Die Medikamente, die vor rund 20 Jahren auf den Markt kamen, hätten den Entzündungsprozess vermutlich gestoppt. Doch zum Zeitpunkt der Diagnose waren meine Gelenke schon weitgehend zerstört. Seit Jahrzehnten kann ich mich immer weniger gut bewegen. Nach und nach liess ich mir künstliche Schulter-, Hüft- und Kniegelenke operieren. Dadurch hat sich meine Lebensqualität stark verbessert. Heute bin ich praktisch schmerzfrei.
Umfallen darf ich nicht, denn ich könnte nicht mehr alleine aufstehen. Die Dusche ist so gebaut, dass ich nicht ausrutsche und mich überall halten kann. Auch im Haushalt habe ich mich arrangiert. Für die Küche habe ich speziell geformte Messer und abgewinkelte Löffel. Die strengen Arbeiten im Haus erledigt eine Putzfrau. Und weil ich mich nicht mehr bücken kann, liess ich Schlupfschuhe anfertigen.
Heute lebe ich viel bewusster als früher. Ich versöhne mich immer wieder mit meinem Körper. Im Alltag beschäftigt mich mehr, dass ich seit 16 Jahren Single bin. Ich denke, das hängt auch mit meiner Behinderung zusammen. Umso wichtiger ist mir die Pflege guter Freundschaften. Eine grosse Hilfe ist die Mitgliedschaft in der Polyarthritiker-Vereinigung, wo ich seit einem Jahr auch im Vorstand tätig bin. Da kann ich aus meinem Erfahrungsschatz viel weitergeben.
Ich gehe regelmässig in eine Physiotherapie und mache täglich Gymnastikübungen, um meine Knochen zu stärken. Jedes Jahr gönne ich mir einen dreiwöchigen Kuraufenthalt. Danach fühle ich mich besonders gut.
Die Musik war für mich schon als Kind mein wichtigster Begleiter. Seit ich das Konservatorium abgeschlossen habe, unterrichte ich Blockflöte und spiele in verschiedenen Bands. Ich bin sehr dankbar, dass ich trotz der Krankheit immer musizieren konnte.
Rheumatoide Arthritis: Krankheit kommt in Schüben
Bei rheumatoider Arthritis oder Polyarthritis sind die Gelenke entzündet. Die Krankheit beginnt schleichend: Die Gelenke schwellen an und schmerzen. Meist verläuft die Krankheit schubweise. Ein Schub kann einige Wochen dauern.
Dank neuen Medikamenten sind bleibende Schäden seltener geworden. In der Schweiz leiden rund 70000 Menschen unter rheumatoider Arthritis.
Informationen und Beratung
Schweizerische Polyarthritiker-Vereinigung SPV, Feldeggstrasse 69, Postfach 1332, 8032 Zürich, Tel. 044 422 35 00, spv@arthritis.ch, www.arthritis.ch