Pucken soll das Neugeborene an die Zeit im Bauch der Mutter erinnern. Auch dort war der Platz beschränkt. Deshalb wickelt man das Baby eng in ein Tuch ein. So eng, dass es Arme und Beine fast nicht mehr bewegen kann. Dies soll dem Baby das Gefühl der Geborgenheit zurückgeben. Ausserdem ist Pucken sinnvoll, um den Moro-Reflex zu unterdrücken. Dabei erschreckt ein Säugling, streckt ruckartig die Arme aus – und wird dadurch geweckt. Sind die Arme von einem engen Tuch umhüllt, ist das nicht möglich.
Pucken liegt im Trend. Zahlreiche spezielle Tücher sind im Handel erhältlich, und im Internet finden sich viele Anleitungen und positive Erfahrungsberichte von Eltern. Doch nun warnen Fachleute: Wer sein Baby zu eng einwickelt, riskiert, dass sich die Hüften nicht richtig entwickeln. Das sagt die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin. Das Problem: Meist werden die Beinchen gestreckt ins Tuch gebunden. Für die Entwicklung der Hüften ist aber wichtig, dass Säuglinge ihre Beine anziehen und auch spreizen können. Durch zu enges Pucken kann es deshalb zu einer Fehlstellung der Hüfte kommen, bei der Gelenkkopf und Gelenkpfanne nicht aufeinander passen (Hüftdysplasie).
«Nicht mit gestreckten Beinchen einwickeln»
Der Kinderarzt Raoul Schmid aus Baar ZG kennt in der Schweiz keine Fälle von Babys, die wegen des Puckens Beschwerden haben. «In der Deutschschweiz werden praktisch alle Babys im ersten Lebensmonat mit Ultraschall untersucht.» Fehlbildungen der Hüfte würden dadurch rechtzeitig erkannt und behandelt.
Schmid betont aber: «Ich würde in den ersten vier Lebensmonaten grundsätzlich vom Pucken mit gestreckten Beinchen abraten, weil das die Zeit der Hüft-Nachreifung ist.» Später mache Pucken nicht mehr viel Sinn, das Kind soll sich dann motorisch entwickeln können. Der Kinderarzt arbeitet auch als Entwicklungshelfer auf Entbindungsstationen in der Mongolei. Dort wickeln die Mütter ihre Kinder traditionell ein – straff und mit gestreckten Beinchen. «Auf den Säuglingsstationen ist es ganz ruhig», erzählt er. Zufriedene Kinder, die allerdings sehr häufig an fehlgebildeten Hüften leiden, die später zu Invalidität führen.
Sara Vitetti aus Chur GR hat mit dem Pucken gute Erfahrungen gemacht. Sie wickelte ihr Baby jeden Abend in ein Tuch ein.
Dazu faltete die junge Mutter eine grosse Stoffwindel zu einem Dreieck. Darauf legte sie die kleine Lena so, dass das Köpfchen über dem Tuch lag. Dann schob sie die Beinchen etwas nach oben, bis das Baby die Knie beugte, und faltete das Tuch von unten und beiden Seiten her zusammen. «Lena wurde ganz ruhig und schlief jeweils fast sofort ein», erinnert sich Sara Vitetti. Als ihr Baby sich selbständig auf den Bauch drehen konnte, machte sie Schluss mit dem Pucken.
Auch Simone Gruchow aus Zürich wickelte ihr Baby eng in ein Tuch ein. «Gerade am Anfang war es oft unsere Notlösung», sagt die junge Mutter. Charlotte litt manchmal unter Blähungen und schrie. «Wenn weder singen, schaukeln noch Nuggi halfen, haben wir sie in ein Tuch eingewickelt. Sie entspannte sich und war bald wieder zufrieden», sagt Gruchow.
Sara Vitetti und Simone Gruchow achteten darauf, dass die Beine ihrer Babys locker gepuckt waren. Kinderarzt Raoul Schmid sagt: «Pucken ist für mich ein Ausdruck der Verzweiflung. Eltern möchten ein zufriedenes Baby, und wenn es nicht zufrieden ist, wickelt man es halt ein.» Aber: «Wenn schon pucken, sollten die Eltern nur Arme und Oberkörper einwickeln, die Beine sollten sie frei lassen oder nur locker einwickeln, damit die Babys noch strampeln können», betont er.
Tipps: So beruhigen Sie Ihr Baby
- Es gibt nicht immer einen Grund, wenn ein Baby weint. Versuchen Sie einfach, es mit Wiegen und Streicheln zu beruhigen.
- Benutzen Sie ein Tragtuch oder eine Traghilfe.
- Bei einem Kind, das täglich mehr als drei Stunden schreit, besteht ein Risiko, dass es ein Schreibaby ist. Holen Sie sich Unterstützung in der Familie und wenn nötig von Fachleuten, zum Beispiel beim Elternnotruf, Tel. 0848 35 45 55, oder im Internet beim Verein Schreibabyhilfe, www.schreibabyhilfe.ch.
- Föhn, Dampfabzug und Staubsauger erzeugen monotone Geräusche, die das Baby an die Zeit im Mutterleib erinnern. Weniger Strom brauchen spezielle Geräte oder Apps.
- Gehen Sie in eine Stillberatung. Es gibt Stillpositionen, in denen das Baby weniger Luft schluckt und daher weniger Blähungen bekommt.