Wer in den Läden die Preise von Pilzen mit und ohne Bio-Label vergleicht, stellt fest: Die Unterschiede sind beträchtlich. Beispiel: 100 Gramm konventionelle getrocknete Steinpilze sind bei Coop für Fr. 12.30 zu haben. Mit Bio-Label kosten sie die Hälfte mehr: Fr. 18.40. Auch die Migros hat Bio-Steinpilze im Sortiment.
Tatsache ist: Ob die Pilze als Bio-Ware oder als konventionelles Produkt im Laden stehen – sie sind alle unkontrolliert in Wäldern gewachsen. Pilzexperte Hans-Peter Neukom sagt: «Bio ist in diesem Fall ein Verkaufstrick.» Greenpeace-Sprecher Florian Kasser bestätigt: «Der Verkauf von Bio-Wildpilzen ist reines Marketing.»
Zwar hat Bio Suisse Richtlinien für Wildpilze entwickelt: So müssen die Sammelgebiete und ihre Nachbarschaft frei sein von schädlichen Emissionen. Drei Jahre vor der Ernte dürfen die Waldbesitzer keine Hilfsstoffe einsetzen, die im Biolandbau verboten sind. Für Neukom ist dies «ein Witz»: «Drei Jahre sind viel zu wenig, die Übergangsfrist müsste länger sein.»
Die Produzenten sollten zudem die Sammeltätigkeit genau dokumentieren. Das gilt auch für das Verarbeiten und Lagern. Doch die grossen Waldgebiete Osteuropas seien schwer zu kontrollieren, sagt Kasser.
«Bio-Pilze sind nicht gesünder»
Dazu kommt: Alle Pilze sind gleichermassen von Giften aus Regen, Luft oder Boden betroffen – ob Bio oder nicht. Punkto Radioaktivität gelten für Bio-Pilze keine strengeren Richtlinien als für konventionelle. Die radioaktive Strahlung vom Reaktorunfall im Jahr 1986 in Tschernobyl (UKR) findet man noch heute in Pilzen. Sie werden über den Boden damit belastet.
Kasser sagt deshalb: «Aus gesundheitlicher Sicht gibt es keinen Nutzen, wenn man Bio-Wildpilze kauft.» Tests von «K-Tipp» und «Saldo» zeigten zudem: Bei getrockneten Morcheln, Herbsttrompeten und Steinpilzen war ein Drittel der Proben verschimmelt oder verwurmt. Betroffen waren sowohl biologische also auch konventionelle Pilze («Saldo» 2/2009).
Bei Zuchtpilzen wie Champignons, Shiitake und Kräuterseitlingen macht Bio mehr Sinn. Dann ist die Chance grösser, dass sie keine Schadstoffe enthalten. Zuchtpilze wachsen in Hallen und nicht in freier Natur. «So lässt sich der Nährboden von Anfang an kontrollieren», sagt Experte Neukom.
Bio Suisse erklärt den hohen Preis der Bio-Wildpilze unter anderem damit, dass die Auszeichnung mit der Knospe aufwendig sei. Es genüge, dass im Sammelgebiet drei Jahre vor der Ernte keine im Bio-Landbau verbotenen Hilfsstoffe eingesetzt werden dürfen: Die heute gebräuchlichen Hilfsstoffe würden in der Regel abgebaut, sagt Sprecherin Ania Biasio.
Coop-Sprecherin Andrea Bergmann schreibt, die Kunden könnten sicher sein, dass die Produkte den strengsten Anforderungen genügen würden. Die Migros sagt, Wildpilze würden gleich kontrolliert wie andere Bio-Produkte.