Meine achtjährige Tochter Lina hat das Downsyndrom. Sie hat ein Chromosom zu viel. Deshalb entwickelt sie sich etwas langsamer als andere Kinder. Heute besucht sie die dritte Klasse einer Regelschule, dort bekommt sie Unterstützung von einer Heilpädagogin. Ich bin wahnsinnig stolz auf jeden ihrer Fortschritte.
Lina lebt völlig im Moment und versteht nicht, dass manche Dinge schlimme Folgen haben können. Sie schaut zum Beispiel nicht nach links und rechts, bevor sie über die Strasse rennt.
Bis sie zweieinhalb Jahre alt war, sprach Lina nicht. Heute kann sie sich super ausdrücken. Ihr erstes Wort war Ella, der Name ihrer älteren Schwester. Die zwei sind ein Herz und eine Seele, das berührt mich. Ella versteht, dass Lina mehr Aufmerksamkeit braucht. Manchmal habe ich aber Sorge, dass unsere ältere Tochter zu kurz kommt. Deshalb nehme ich mir regelmässig Zeit nur für sie.
Man sagt, Kinder mit Downsyndrom verbreiten viel Freude. Bei Lina stimmt das auf jeden Fall. Sie ist sehr selbstbewusst und offen, lacht gern und oft und hat viel Liebe zu verschenken.
Auch andere Gefühle wie Wut und Ärger sind bei ihr intensiv – und sie hat einen starken Willen. Wenn sie etwas stört, sagt sie es klar und deutlich. Umgekehrt ist Lina null nachtragend. Davon können auch andere Kinder profitieren. Sie ist beliebt und hat viele Gspänli.
Während der Schwangerschaft hatte ich grosse Angst, dass mein Kind später keinen Anschluss finden würde. Die Ärzte übermittelten mir die Diagnose, als wäre das Downsyndrom der grösste Horror. Nach dem ersten Befund drängten sie mich, alle möglichen Tests zu machen und danach schnell abzutreiben. Für sie war Lina ein Problem, das man zu diesem Zeitpunkt noch hätte beseitigen können.
Aber als ich Lina das erste Mal im Bauch treten spürte, hatte ich mich bereits für sie entschieden. Heute bin ich so froh darüber. Ich möchte sie an keinem Tag missen.
Unsere Familien unterstützten mich und meinen Mann während der Schwangerschaft sehr. Das gibt mir bis heute Halt. Nicht alle Menschen haben dieses Glück.
Ich würde nie negativ darüber urteilen, wenn Eltern sich gegen ein Baby mit dem Downsyndrom entscheiden. Trotzdem schmerzt es mich, dass viele dieser wunderbaren Menschen keine Chance erhalten. Lina ist eine grosse Bereicherung für uns. Ich bin überzeugt, dass sie ein sehr schönes und erfülltes Leben hat.
Pro Jahr rund 100 Babys mit Trisomie 21
Kinder mit Trisomie 21 entwickeln sich langsamer.
Die genetische Besonderheit – nach dem britischen Arzt John Down auch Downsyndrom genannt – kann zu Muskel- und Organproblemen führen. In der Schweiz leben rund 5000 Menschen mit Trisomie 21, pro Jahr kommen 100 Babys damit zur Welt. Über 90 Prozent der betroffenen Eltern entscheiden sich nach der zwölften Schwangerschaftswoche
für einen Abbruch.
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