Es brannte und juckte jeweils so heftig, dass es sie fast in den Wahnsinn trieb. Während Jahren litt Xenia Grob (Name geändert) immer wieder an einem Scheidenpilz. Hinzu kam ein starker Ausfluss. Wo sie den Pilz das erste Mal auflas, weiss sie nicht mehr. Es ist über 20 Jahre her. Vielleicht war es das Chlorwasser im Schwimmbad, vielleicht der Liebesakt mit ihrem ersten Freund. An die Folgen erinnert sie sich aber gut: «Ich hatte das Gefühl, meine Scheide sei eine riesige Wunde.» Xenia Grob hatte sogar Schmerzen beim Gehen, das Wasserlassen wurde zur Tortur. Schlimm war auch der Geschlechtsverkehr: «Sex war schlicht unmöglich», sagt sie.
Dania Schiftan, Sexualtherapeutin beim Zentrum für interdisziplinäre Sexologie und Medizin in Zürich, sagt: «Das kennen viele Frauen.» In der Schweiz habe fast jede zehnte Frau solche Schmerzen. Im Rahmen einer unveröffentlichten Forschungsarbeit hat Schiftan vor einigen Jahren rund 3000 Frauen in der Schweiz befragt. Jede zwölfte hatte Probleme beim Sex. Eine soeben veröffentlichte Studie aus den USA zeigt auf: Gar jede dritte Frau hat das schon erlebt. Die amerikanischen Forscher hatten rund 1700 Personen zu ihrer sexuellen Gesundheit befragt.
Betroffene leiden an einem starken Brennen, Stechen, Druck oder einem Ziehen im Unterleib. Scheidenpilz und Gebärmuttersenkung sind jedoch nur zwei von vielen Ursachen. Auslöser können unter anderem Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Schuppenflechte, die Wechseljahre oder auch eine falsche Intimpflege sein.
Viele Beschwerden lassen sich behandeln, zum Beispiel Scheidenpilz. Spezielle Medikamente – pflanzliche und chemische – wirken gut. Die Schmerzen können dennoch heftig sein, wie das Beispiel von Xenia Grob zeigt. Der Grund: «Bei einem Pilz wird die Schleimhaut der Scheide angegriffen und ist weniger widerstandsfähig», sagt Tina Zodan, Oberärztin an der Frauenklinik im Zürcher Stadtspital Triemli. Die Reibung des Penis fühle sich dadurch manchmal sehr schmerzhaft an. Mit dem Geschlechtsverkehr sollte man deshalb warten, bis alles verheilt ist.
Gebärmuttersenkung: Beckenboden trainieren
Bei einer Gebärmuttersenkung ist der Beckenboden zu schwach, die Gebärmutter sinkt nach unten. Die Ursache ist oft eine Schwangerschaft oder einfach nur das Alter.
Dies berichtete kürzlich auch die Zuger Grünen-Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin dem «Sonntagsblick». Seit der Geburt ihres dritten Kindes leide sie an einer Gebärmuttersenkung. Sie brauche für das Liebesspiel viel Zeit, ansonsten würde es «einfach nur höllisch weh tun». Spontaner Sex sei für sie «unmöglich».
Die Schmerzen entstehen, weil der Penis an den Muttermund stösst. Auch eine Gebärmuttersenkung lässt sich behandeln: «In leichteren Fällen hilft ein Beckenbodentraining», sagt Zodan. Bei ganz schweren Fällen müsse man aber mit dem Arzt über eine Operation sprechen.
Manchmal stecken hinter den Schmerzen psychische Ursachen, die sich auf den Körper übertragen. Etwa wenn die Frau in einer Beziehung nicht mehr glücklich ist. Oder wenn sie sexuell missbraucht wurde. «Meist ist die Vagina dann zu trocken und die Muskeln im Beckenboden sind verkrampft», sagt Therapeutin Dania Schiftan. Dann brauche es eine Sexualtherapie, bei der man lerne, den Schmerz zu überwinden. Eine solche Therapie braucht aber Geduld.
Obwohl viele Frauen Schmerzen beim Sex haben, behalten die meisten ihr Leiden für sich. In der erwähnten US-Studie gaben fast alle Teilnehmerinnen an, dass sie darüber nicht mit ihrem Partner reden würden. Auch Schiftan kennt das aus der Praxis: «Viele Frauen schämen sich.» Einige würden sogar glauben, dass Schmerzen normal seien. «Sie kennen es nicht anders.» Schweigen sei aber der falsche Weg.
Die Therapeutin rät Betroffenen, dem Partner von den Schmerzen zu erzählen. «So kann man gemeinsam eine Lösung finden, statt auf Sex zu verzichten.» Manchmal sei die Ursache harmlos und man müsse bloss die Stellung wechseln. Bleiben die Schmerzen, müsse man aber zum Arzt.
Reden Sie mit dem Partner über Ihre Bedürfnisse
- Lassen Sie die Ursache der Schmerzen ärztlich abklären.
- Teilen Sie Ihrem Partner Ihre Bedürfnisse mit.
- Weisen Sie den Partner nicht von Anfang an zurück. Es ist oft besser, das Liebesspiel erst abzubrechen, wenn sich die Lust nicht einstellt.
- Entspannen Sie Ihre Beckenmuskeln, indem Sie beim Sex das Becken sanft bewegen.
- Lassen Sie sich fürs Vorspiel mindestens 15 Minuten Zeit.
- Verwenden Sie Gleitmittel, aber keine Vaseline.
- Atmen Sie ruhig und bis in den Bauch.
- Versuchen Sie durch Selbstbefriedigung herauszufinden, was Ihnen Lust bereitet.