Die französischen Behörden nahmen Actos bereits 2011 vom Markt. Grund: Erste Studien wiesen darauf hin, dass das Diabetesmedikament das Risiko für Blasenkrebs erhöhen kann (Gesundheitstipp 12/2011).
Jetzt bestätigt eine grosse Studie im renommierten Fachblatt «British Medical Journal» die Befunde. Kanadische Wissenschafter hatten 145 000 Patienten mit Diabetes Typ 2 während mehr als zehn Jahren beobachtet. Bei Patienten, die den Actos-Wirkstoff geschluckt hatten, erhöhte sich das Risiko deutlich, an Blasenkrebs zu erkranken, nämlich um 63 Prozent. Das Risiko steigt vor allem nach etwa zweieinhalb Jahren an, wenn Patienten insgesamt rund 28 Gramm des Wirkstoffs geschluckt haben.
Für Etzel Gysling, Arzt in Wil SG und Herausgeber des unabhängigen Fachblatts «Pharma-Kritik», steht damit fest: «Actos hat in der Therapie des Diabetes keinen Platz.» Bis heute würden zudem überzeugende Studienbelege fehlen, dass das Medikament den Patienten einen Nutzen bringt. Der Zürcher Ärzteverbund Medix listet in seinen Richtlinien zur Diabetes-Therapie den Actos-Wirkstoff unter «nicht empfohlene Substanzen» auf.
Widersprüchliche Signale kommen von der Heilmittelbehörde Swissmedic. Sie verweist auf eine US-amerikanische Studie, die nicht bestätigt habe, dass Actos das Risiko für Blasenkrebs erhöhen könne. Dennoch ist auf der Packungsbeilage eine Warnung zum Krebsrisiko vermerkt. Swissmedic empfiehlt das Medikament zudem nur dann, wenn andere Mittel zu wenig bewirken. Weiter sollen es Patienten nicht länger als zwei Jahre nehmen.
Die Kritik an Actos schlägt sich in den Verkaufszahlen nieder. Laut dem Marktforschungsinstitut IMS aus Rotkreuz LU gingen letztes Jahr noch 20000 Packungen über den Ladentisch. Das waren 18 Prozent weniger als im Vorjahr.
Actos-Herstellerin Takeda schreibt, sie sei an der Studie nicht beteiligt und könne sich daher nicht dazu äussern. Das Unternehmen zitiert andere Studien, die keinen Zusammenhang zwischen dem Actos-Wirkstoff Pioglitazon und Blasenkrebs zeigten.
Novartis, Herstellerin des Nachahmerpräparats Pioglitazon-Sandoz, schreibt, Ärzte müssten bei jedem Patienten einzeln Nutzen und Risiken gegeneinander abwägen. Mepha Pharma, Herstellerin von Pioglitazon-Mepha, sagt, Rauchen und zunehmendes Alter seien ebenfalls ein Risikofaktor für Blasenkrebs.