Müde sitzt David Miller im Motel Vert-Bois bei Lausanne. Der pensionierte Architekt hat in seinem Leben viel gemacht und die ganze Welt bereist. Doch nun hat er genug vom Leben. An seinem kahlen Schädel sind die Narben einer Operation sichtbar. Er behauptet, er leide an ­einem unheilbaren Hirntumor. Im Motel will er die Mitarbeiterin einer Sterbhilfe-Organisation treffen.

Doch bald verliert Miller die Kontrolle über das Geschehen: Zuerst weigert sich sein Sohn, als Zeuge dem Freitod beizuwohnen. Ohne Zeuge darf die Sterbehelferin dem Architekten das tödliche Mittel aber nicht verabreichen. Ersatz finden sie in der Person eines jungen Callboys, der im Zimmer nebenan seine Dienste anbietet. Plötzlich kommen der Sterbehelferin Zweifel, ob Miller tatsächlich unheilbar krank ist: Denn er hat kein Bestätigungsschreiben eines Arztes.

Dem Westschweizer Regisseur Lionel Baier ist mit «La Vanité» ein unspektakulärer, aber anrührender Film gelungen. Es ist ein grosser Genuss, den drei Hauptdarstellern zuzuschauen: Die spanische Filmdiva Carmen Maura spielt die Rolle der Sterbehelferin ganz ohne Starallüren als bescheidene, ruhige Frau, die mehr weiss, als ihr Klient glaubt. Und die Dialoge zwischen dem Architekten und dem Callboy sind von einer wunderbaren Ironie geprägt. 

Die Stimmung wechselt zwischen Melan­cholie und trockenem Humor. Genau diese ­Mischung macht die Geschichte glaubwürdig. Zuletzt streikt auch die Sterbehelferin. Das un­gleiche Trio fährt im schnittigen Wagen des Architekten durch die Nacht. Wohin sie fahren, er­fährt man nicht. Klar ist nur: Für einmal ist der Plan des Architekten, der es gewohnt war, alles zu berechnen, nicht aufgegangen.

Sehr empfehlenswert

«La Vanité», ab 22. Oktober im Kino