Es war ein warmer Junitag. Die Bäuerin Madeleine Lötscher arbeitete lange auf dem Feld. Sie schwitzte. Dabei rieb der Stoff ihres Hemds immer wieder die Haut der Schulter. Schliesslich war die Stelle so wund, dass es brannte. Die Bäuerin aus Oberems VS wusste Rat: Sie rieb sich am Abend die Johanniskrautsalbe ein. Diese Arzneipflanze enthält Stoffe, die Bakterien abtöten und Entzündungen lindern. «Am nächsten Tag war die Rötung weg», sagt Lötscher.
Tees, Tinkturen und Salben aus Heilpflanzen
Die Salbe hatte Lötscher selber gemacht: Sie sammelte Johanniskraut, zerkleinerte die Blüten und legte sie in Olivenöl ein. Nach ein paar Wochen siebte sie die Blüten ab, verdickte das Öl mit Bienenwachs – und fertig war die Salbe (siehe Merkblatt). Lötscher ist gelernte Gärtnerin und nennt sich «Kräuterhexe». In ihrem Garten zieht sie Heilpflanzen. Daraus macht sie Tees, Tinkturen und Salben. Das hat sie von ihrer Mutter und ihrer Grossmutter gelernt.
Auch Fachleute empfehlen selbst gemachte Salben. Thomas Pfister, Leiter der Heilkräuterschule Albinen VS, sagt: «Sie lindern Schmerzen und haben wenig Nebenwirkungen.» Er ist überzeugt, dass es Menschen auch seelisch hilft, selber ein Heilmittel herzustellen. «Das gibt ein gutes Gefühl, so dass man schneller gesund wird.» Das Einreiben der Salbe und das Massieren der betroffenen Stelle unterstützten den Heilungsprozess.
Madeleine Lötscher möchte zudem keine chemischen Konservierungsstoffe in ihrem Körper haben. «Meine Kräuter wachsen an der Bergluft und sind nicht mit Abgasen oder Fabrikrauch verpestet.»
Pflanze in Öl einlegen: So lösen sich Wirkstoffe
Salben können gegen die verschiedensten Leiden helfen (siehe Tabelle im PDF). Bei Hämorrhoiden etwa empfehlen sich die Blätter und die Rinde der Zaubernuss, der Hamamelis. Die enthaltenen Gerbstoffe lindern Entzündungen. Lötschers Meisterwurzsalbe hilft gegen Ekzeme und schwärende Wunden. Meisterwurz enthält Stoffe, die Entzündungen und Keime bekämpfen können. Die Wirkung ist wissenschaftlich zwar nicht belegt. Doch Lötscher sagt: «In den Bergen wenden Kräuterfrauen die Heilpflanze seit Generationen an.»
Salben stellt man immer nach dem gleichen Prinzip her: Man legt die wirksamen Teile einer Pflanze in Öl ein und lässt sie ziehen. So lösen sich die Wirkstoffe aus der Pflanze. Danach verdickt man die Salbe mit Lanolin oder Bienenwachs. Experte Thomas Pfister rät, die Arzneipflanzen in Olivenöl zu legen. Es enthält Vitamin E und gesunde Omega-Fettsäuren. «Das pflegt die Haut.» Eine Alternative, die etwas weniger stark riecht, ist Mandelöl. Für Menschen mit trockener Haut ist Rapsöl oder Rhizinusöl geeignet.
Wer sich mit Salben behandelt, muss sich beobachten. Einige Heilpflanzen, etwa Kamille, können allergische Reaktionen auslösen. Über die Blüten von Arzneipflanzen können zudem Pollen in die Salbe gelangen, die ähnlich schaden können. Pfister sagt deshalb: «Wenn die Haut rot wird, juckt oder Pickel bildet, sollte man die Salbe nicht mehr auftragen.»