Simon Koster, haben Sie Ihr Testament gemacht?
Nein, warum?
Das «Minitransat»-Rennen ist gefährlich: Sieben Teilnehmer gelten seit dem ersten Rennen im Jahr 1977 als verschollen.
Ich habe mich gut vorbereitet. Nur Segler, die ein anspruchsvolles Qualifikationsverfahren bestehen, dürfen am Rennen mitmachen. Das hilft, das Risiko zu minimieren.
Sie sind starken Stürmen ausgesetzt. Zudem ist das Boot sehr klein.
Das stimmt. Vor Portugal konnte ich wegen der starken Böen kaum einmal schlafen. Irgendwann war ich so erschöpft, dass ich Halluzinationen hatte. Ich sah und hörte Sachen, die es nicht gab. Ich hatte das Gefühl, es sei eine zweite Person an Bord. Und ich glaubte, auf dem Schiff würde jemand rufen oder pfeifen. Das war unheimlich. Heute weiss ich, dass das Alarmzeichen sind. Wenn solche Sachen passieren, muss ich schlafen, auch wenn es nur 20 Minuten sind.
Sind Sie nicht immer klatschnass wegen der Wellen?
Ich versuche, mich mit wasserdichten Kleidern zu schützen. Sonst verursacht das Salzwasser Hautprobleme. Bei der letzten «Minitransat» konnte ich eine Zeitlang nicht mehr sitzen, weil mein Gesäss so wund war. Ich habe auch immer aufgeweichte Hände. Deshalb passiert es schnell, dass ein Stück Haut hängenbleibt, wenn ich mit einem Seil hantiere oder das Schiff repariere. Wegen des Salzwassers heilen Schnitte oder Wunden an den Händen nicht gut.
Immer wieder fallen Segler über Bord. Macht Ihnen das Angst?
Ja. Das ist die grösste Gefahr, wenn man allein segelt. Das darf nicht passieren, denn das Boot gleitet schneller, als ich schwimmen kann. Ich binde mich darum mit einer Leine am Schiff an.
Bei starkem Wind ist das äusserst heikel, oder?
Besonders schwierig war es, weil die Böen auf dieser Etappe unerwartet aus dem Nichts kamen. Da kann das Schiff schnell ausser Kontrolle geraten.
Ist Ihnen das passiert?
Ja. Ich hatte ein Problem mit der Ruderanlage. Deshalb konnte ich das Schiff nicht mehr manövrieren. Es war dem Wind voll ausgesetzt und kenterte. Der Mast und die Segel lagen im Wasser. Es kostete mich viel Zeit und Kraft, das Schiff wieder aufzurichten. Ich musste ein Segel vom Mast nehmen, sonst hätte ich das Schiff nicht wieder auf Kurs gebracht.
Solche Situationen sind aber gefährlich.
Bei der letzten «Minitransat» vor zwei Jahren lag das Schiff eines Kollegen plötzlich kieloben. Es hatte ihn in einer Welle überschlagen. Er war eine halbe Stunde im Schiff eingeschlossen. Erst als der Mast unter Wasser brach, richtete es sich wieder auf.
Wurde Ihr Kollege gerettet?
Ja. Er hat den Notfallsender aktiviert. Ein Frachtschiff nahm ihn auf.
Zur Person - Simon Koster
Der 27-Jährige macht zum zweiten Mal bei der «Minitransat» mit. Die erste Etappe der Regatta führt von Frankreich nach Lanzarote – die zweite von dort über den Atlantik nach Guadeloupe. Koster ist in Oberengstringen ZH aufgewachsen, lebt aber seit ein paar Jahren in der Bretagne (F).