Es passierte von einer Sekunde auf die andere: Ich sass auf der Ersatzbank in der Handballhalle, als ich plötzlich auf den Boden fiel. Zack, und alles war anders. Ich erinnere mich vage daran, dass sich zwei Sanitäter über mich beugten. Von da an weiss ich nichts mehr. Meine Eltern haben es mir später erzählt.
Die Untersuchungen dauerten sieben Stunden lang. Eine erste Notoperation musste abgebrochen werden, weil ich in Lebensgefahr schwebte. Dann die Nachricht des Professors, die meine Eltern erschütterte: «Ihr Sohn hat einen sehr, sehr schweren Hirnschlag erlitten.»
Als ich wieder ein wenig sprechen konnte, erzählte ich mit Händen und Füssen vom heftigen Ballschuss, der mich im Schulsport etwa 10 Tage vor dem Hirnschlag am Hals getroffen hatte. Danach hatte ich manchmal Kopfweh. Die Ärzte sahen die Prellmarke am Hals sofort. Der Sportlehrer und Mitschüler bestätigten den Vorfall. Weil ich vorher kerngesund war, sind meine Eltern und ich überzeugt, dass dies die Ursache des Hirnschlags war.
Meine Pläne fielen wie ein Kartenhaus zusammen. Ursprünglich wollte ich nach der Matura und der RS studieren oder Grafiker werden. Ich wollte möglichst bald auf eigenen Füssen stehen und selbständig sein. Dann, von einem Moment auf den anderen, konnte ich nicht mehr gehen und sprechen. Die erste Berufsabklärung der IV ergab null Perspektiven. Meine Eltern und ich sind aber überzeugt, dass ich eine sinnvolle und kreative Arbeit lernen kann. Grafiker werden kann ich nicht mehr, weil das Studium besonders viel Ausdauer und Konzentration braucht. Nun würde ich gern Fotograf, Mediamatiker oder Werbegestalter werden.
Bei der Operation nach dem Unfall entfernten die Ärzte die Schädeldecke. Als ich aufwachte, war ich ein «Nichts». Ich konnte weder schlucken, sprechen noch laufen. Meine ganze rechte Seite war gelähmt und das Sprachzentrum schwer geschädigt. Nach drei Monaten machte ich die ersten Gehversuche. In einer erneuten Operation setzten die Ärzte die Schädelkalotte wieder ein. Ich fühlte mich erbärmlich verloren und hatte unerträgliche Schmerzen.
Besuchen durften mich nur meine Eltern und meine Nonna. Drei Monate lag ich im Spital, anschliessend war ich ebenso lange in der Reha. Dort lernte ich wieder gehen und sprechen. Zuerst konnte ich nur einzelne Wörter sagen. Mit dem täglichen Sprachtraining bei der Logopädin lernte ich einigermassen wieder sprechen. Die Worte kommen aber immer noch zögerlich aus meinem Mund.
Letztes Jahr habe ich mir meinen Traum erfüllt: einen Roller. Nach intensiven medizinischen Abklärungen erhielt ich von meinem Arzt die Fahrerlaubnis, und seither fahre ich Vespa. Ein Stück Freiheit ist zurück.
Hirnschlag: Schnelles Handeln kann Leben retten
Ein geplatztes Gefäss oder ein Gerinnsel kann zu einem Hirnschlag führen. Symptome sind oft Gefühls-, Seh- und Sprachstörungen oder auch nur Kopfschmerzen. Zeugen eines Vorfalls sollten rasch den Arzt rufen. Jede Minute zählt, damit man verhindern kann, dass Hirngewebe abstirbt oder der Patient gar stirbt. Medikamente können das Blutgerinnsel auflösen. Patienten erholen sich oft nur langsam. Für Jugendliche kann das fatal sein: Sie sind jahrelang abhängig und finden den eigenständigen Weg ins Leben nicht.
Hilfe und Infos
- Fragile Suisse, Hilfe für Hirnverletzte und Angehörige: Tel. 044 360 30 61, Fragile.ch
- Notruf: 144