Herr Kälin, wie lange arbeiten Sie jeweils im Tiefkühllager?
Zwei bis drei Stunden. Es können aber auch vier Stunden werden.
Was passiert bei dieser Kälte?
Zuerst kühlen die Hände und Füsse ab und werden klamm. Dann kriecht die Kälte Arme und Beine hinauf und erfasst den ganzen Körper. Ich bewege mich ja kaum und sitze nur auf dem Stapler. Die Muskeln kühlen mehr und mehr ab.
Wie wappnen Sie sich dagegen?
Ich trage Pulli, Softshelljacke, Faserpelzjacke und eine Kälteschutzjacke. Über die normale Hose ziehe ich eine Kälteschutzhose an und doppelte Kälteschutzschuhe mit Faserpelzeinlage. Dazu kommen eine Mütze und gefütterte Fäustlinge.
Reicht das?
Ich rasiere mich nur einmal pro Woche – meist am Freitagabend. So können die Barthaare über das Wochenende nachwachsen. Sie schützen mein Gesicht vor der Kälte. Gehe ich frisch rasiert ins Kühllager, fühlt es sich an, als würde man mir mit tausend Nadeln ins Gesicht stechen. Ausserdem creme ich Hände und Gesicht zweimal pro Tag ein. Das verhindert, dass die Haut wegen der trockenen Luft schuppt und aufplatzt.
Sind Sie oft erkältet?
In den letzten sieben Jahren war ich nie krank. Vermutlich härtet das Kühllager ab. Am Anfang machte ich ab und zu den Fehler, kurz ohne Schutzkleider hineinzugehen. Das war fatal.
Warum?
Die Kälte ist für den Körper ein Schock. Wenn ich draussen etwas geschwitzt hatte und nur für fünf Minuten ins Kühllager ging, bekam ich Gliederschmerzen und Fieber.
Wie lange dauert es, bis Sie sich nach einem Arbeitseinsatz im Lager wieder aufgewärmt haben?
Rund eine halbe Stunde. Ich setze mich in den Pausenraum, trinke einen heissen Tee und esse etwas Brot, Käse und Fleisch.
Essen Sie mehr, wenn Sie im Lager arbeiten?
Ja, und ich esse regelmässiger. Ich brauche etwa alle zwei Stunden etwas Kleines. Sonst hält es mein Körper nicht so lange aus. Nach einem Arbeitstag brauche ich zum Nachtessen ein Stück Fleisch und eine heisse Suppe – selbst im Sommer.
Freuen Sie sich jeweils, wenn Sie nach der Arbeit an der Wärme ausspannen können?
Ja, eigentlich schon. Aber der Temperaturwechsel ist für den Körper ein Stress. Zu Hause bin ich total erschöpft. Auch am Wochenende suche ich eher den Schatten.
Haben Sie nicht das Bedürfnis, Wärme aufzutanken?
Schon. Aber ein Wochenende reicht dazu nicht aus. Seit ein paar Jahren verbringe ich die Ferien im Süden. Ich bade im Meer und entspanne mich. Mein Körper braucht das.
Was essen Sie lieber: Fondue oder Glace?
Fondue, auf jeden Fall.
Zur Person: Marcel Kälin
Er arbeitet seit 14 Jahren im Tiefkühllager Reichmuth in Brunnen SZ. Meist sitzt er auf dem Stapler und räumt Paletten mit tiefgekühlten Lebensmitteln ein und aus. Der gelernte Metzger wohnt mit der Partnerin in Bilten GL.