Martin Jordi, 55: “Ich war in der Höhle blockiert”
Obwohl er 40 Stunden in einer Höhle eingeschlossen war und den Tod eines Freundes erlebte, hat Martin Jordi nach wie vor Freude am Höhlenforschen.
Inhalt
Gesundheitstipp 03/2008
18.03.2008
Andreas Gossweiler
Martin Jordi, immer wieder werden Höhlenforscher unter der Erde eingeschlossen. Macht Ihnen das Angst?
Nein. Höhlenforschen ist nicht gefährlicher als Bergsteigen. Ich war nur einmal in einer Höhle blockiert.
Wie passierte das?
Zusammen mit einem Kollegen transportierte ich Material für eine Expedition in eine Höhle im Berner Oberland. Wir waren beide zum ersten Mal in der Höhle. Sie verzw...
Martin Jordi, immer wieder werden Höhlenforscher unter der Erde eingeschlossen. Macht Ihnen das Angst?
Nein. Höhlenforschen ist nicht gefährlicher als Bergsteigen. Ich war nur einmal in einer Höhle blockiert.
Wie passierte das?
Zusammen mit einem Kollegen transportierte ich Material für eine Expedition in eine Höhle im Berner Oberland. Wir waren beide zum ersten Mal in der Höhle. Sie verzweigt sich in mehrere Schächte. Auf dem Rückweg wussten wir nicht mehr, welcher Schacht zum Ausgang führt.
Was haben Sie dann gemacht?
Wir entschieden uns, zu warten, bis eine Rettungsmannschaft kommt. Wir hatten genug zu essen und Licht. Die Retter erreichten uns nach 40 Stunden.
Wie fühlten Sie sich?
Ich hatte ein mulmiges Gefühl, war aber sicher, dass wir wieder herauskommen würden. Ich stellte mich auf eine längere Wartezeit ein. Wir hüllten uns in Rettungsdecken und wärmten uns mit Karbidlampen.
Warum nehmen Sie solche Strapazen auf sich?
Unter der Erde gibt es noch Neuland zu entdecken. Ich war schon einige Male in Höhlengängen, die zuvor noch kein Mensch betreten hatte. Ausserdem bedeutet mir das Zusammensein mit meinen Höhlenforscher-Kollegen sehr viel.
Sie könnten auch auf dem Golfplatz mit Kollegen zusammen sein, das wäre bequemer.
Sicher. Aber auf dem Golfplatz treffen Sie ganz andere Leute an. Höhlenforscher sind spezielle Menschen. Der Gruppenzusammenhalt ist besonders eng. In einer Höhle muss man sich aufeinander verlassen können.
Welche ist Ihre Lieblingshöhle?
Ich war meistens in Höhlen im Berner Oberland, im Siebenhengste-Hohgant-Gebiet. Dort gibt es eine unterirdische Halle, die so gross ist, dass man eine Kirche hineinstellen könnte.
Ist es Ihnen schon einmal passiert, dass Sie unterkühlt waren?
Nein. Aber ich war dabei, als ein Kollege an Unterkühlung starb. Er wollte durch einen Wasserfall klettern. Das war eine enge Stelle. Er war erschöpft, weil ständig kaltes Wasser auf ihn prasselte, und konnte nicht mehr weiter. Bis die Retter kamen, war es zu spät.
Hatte er seine Kräfte überschätzt?
Es war eine unglückliche Kombination verschiedener Umstände. Weil Tauwetter eingesetzt hatte, gab es viel Wasser in der Höhle. Wir hätten warten sollen, bis das Hochwasser vorbei war.
Kletterten Sie auch durch den Wasserfall?
Ja. Ich stieg als Erster durch diese Passage. Ich hatte dort auch Probleme, aber ich kam durch. Es ist sehr schwierig, in kaltem Wasser am Seil zu klettern. Es passiert schnell, dass die Finger unbeweglich werden.
Veränderte dieses Unglück Ihre Einstellung zum Höhlenforschen?
Ja, ich wurde vorsichtiger. Das Unglück passierte vor 31 Jahren, damals waren wir viel jünger. Seither warte ich im Zweifelsfall lieber, bis sich die Situation entspannt. Das haben wir auch so gemacht, als wir den Ausgang nicht mehr fanden in der Siebenhengste-Höhle.
Zur Person: Martin Jordi
Seit seiner Jugend ist Martin Jordi ein begeisterter Höhlenforscher. Zeitweise verbrachte er jedes zweite Wochenende in einer Höhle. Auch seine Frau hat er beim Höhlenforschen kennengelernt. Heute lebt Martin Jordi mit seiner Familie in Küttigen AG. Er arbeitet als Physiklehrer an der Alten Kantonsschule in Aarau.