Vor gut zehn Jahren begann Sibylle Keller (Name geändert) ihre Wechseljahre zu spüren. Die heute 52-Jährige schlief nicht mehr so gut und hatte mitten in der Nacht immer wieder Schweissausbrüche. «Einige Male waren sie so stark, dass ich das Nachthemd wechseln musste», erinnert sie sich.
Bei vielen Frauen beginnen solche Beschwerden etwa ab 40. Ihr Körper produziert weniger Hormone. Zuerst nimmt vor allem das Gelbkörperhormon Progesteron ab. Die Periode wird unregelmässig, die Stimmung labil. Hitzewallungen kommen erst später – zwischen 45 und 55 Jahren, wenn der Körper auch die Produktion von Östrogen drosselt.
Früher verschrieben Ärzte fast jeder Frau in den Wechseljahren Hormonpillen. Heute empfehlen Fachleute solche Medikamente nur noch für kurze Zeit – und das vorwiegend Frauen, die stark unter Beschwerden leiden. Denn ob Pillen, Pflaster oder Salben – langfristig verursachen sie mehr Schaden als Nutzen. Sie fördern Blutgerinnsel, Schlaganfälle und Brustkrebs.
Sojapräparate maximal zehn Monate einnehmen
Eine gute Alternative zur Hormonzufuhr sind pflanzliche Präparate. Unterdessen gibt es eine Reihe von Mitteln (siehe Tabelle). Wichtig ist: Man muss das richtige Kraut zur richtigen Zeit nehmen, damit es nützt. Was wie das Gelbkörperhormon wirkt, eignet sich nur für die frühen Wechseljahre, was ähnlich wie Östrogen hilft, für die späteren.
Zu Beginn sind deshalb vor allem Präparate mit Mönchspfeffer ideal, zum Beispiel Premens oder Emoton alpha. Der Solothurner Frauenarzt und Heilpflanzenexperte Roger Eltbogen sagt: «Mönchspfeffer hilft bei unregelmässigem Zyklus und bei Beschwerden vor der Mens.» Ebenso lindere es psychische Wechseljahrbeschwerden. Oft ist zu lesen, dass auch Präparate mit Yamswurzel für die frühen Wechseljahre geeignet sind. Doch im Gegensatz zu Mönchspfeffer fehlt der wissenschaftliche Beweis.
In den späteren Wechseljahren kommen Präparate mit Traubensilberkerze zum Einsatz, etwa Cimifemin oder Climavita. Eltbogen: «Ihr Nutzen ist gut nachgewiesen.» Sie helfen bei Hitzewallungen, trockener Scheide und depressiven Verstimmungen. Ein weiterer Vorteil: «Die Pflanze hat keinen Einfluss auf Brustkrebs», so Eltbogen.
Im Gegensatz dazu ist bei Präparaten mit Sibirischem Rhabarber nicht eindeutig geklärt, ob sie für Frauen mit Brustkrebs sicher sind. Dies gilt auch für Rotklee und Soja. Sie enthalten ebenfalls Stoffe, die wie Östrogen wirken und deshalb gewisse Tumoren beeinflussen könnten. Zudem ist umstritten, wie gut Soja und Rotklee wirken. Laut dem deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung sollten Frauen Sojapräparate maximal zehn Monate nehmen, solche mit Rotklee nur drei Monate. Denn längere Studien zur Sicherheit existierten nicht.
Je nach Beschwerden gibt es eine Reihe weiterer Heilpflanzen für die Wechseljahre: Johanniskraut lindert depressive Verstimmungen, Baldrian verbessert den Schlaf und Salbei reduziert Schweissausbrüche. Damit hat auch Sibylle Keller gute Erfahrungen gemacht. Jeden Abend trank sie eine Tasse Salbeitee. «So schwitzte ich nachts weniger stark.» Bei pflanzlichen Heilmitteln ist allerdings Geduld gefragt. Oft dauert es ein paar Wochen, bis sie wirken.
Alle Hersteller erklären, dass Nebenwirkungen nur selten auftreten. Die Firma Dr. Wild sagt, dass ihr Produkt mit Salbei keine Magen-Darm-Beschwerden verursache. Laut Bioforce ist die Wirkung von Salbei durch traditionelle Anwendung sowie eine Studie belegt. Hersteller von Präparaten mit Mönchspfeffer schreiben, dass die Wirksamkeit bei Beschwerden vor der Mens gut dokumentiert sei. Zeller Medical teilt mit, ihr Mittel führe selten zu Hautausschlägen und Juckreiz. Vifor betont, dass Leberschäden bei Traubensilberkerze nur bei nicht standardisierten Präparaten vorgekommen seien.
Bioforce nennt aktuelle Studien zu Soja-Präparaten, die kein erhöhtes Risiko für Brustkrebs gezeigt haben. Laut der Drogerie zum Chrüterhüsli sind Rotklee-Präparate sicher und wirksam. Sie verweist auf die Beurteilung durch europäische Behörden sowie auf Studien.
Weleda teilt mit, es gebe keine Hinweise, dass ihr Präparat mit Sibirischem Rhabarber Brustkrebs fördere. Auch Hersteller Dr. Loges hält sein Produkt für unbedenklich. Weil aber keine Studie mit Brustkrebspatientinnen vorliege, seien sie zu einem Warnhinweis verpflichtet. Die Firma Pekana verweist auf eine Studie zur Wirksamkeit von Granatapfelsamenöl.