Ein Anruf genügt und der Termin beim Optiker steht. Doch es lohnt sich, das Geschäft sorgsam auszuwählen, wie eine Stichprobe des Gesundheitstipp zeigt. Optiker empfahlen voreilig eine Brille oder verharmlosten Augenkrankheiten.
Für die Stichprobe liess der Gesundheitstipp zwei Testpersonen zunächst vom Augenarzt untersuchen und schickte sie anschliessend zu acht Optikern in Basel, Bern, Luzern und Zürich (siehe Tabellen im PDF).
Die 29-jährige Redaktionspraktikantin Cordelia Kreft sieht einwandfrei und braucht keine Brille. Der 71-jährige Curt Siegfried ist fehlsichtig und hat eine Augenkrankheit, eine Glaskörpertrübung. Ein Optiker müsste ihn damit zum Augenarzt schicken.
Unaufgefordert den Augendruck geprüft
Die gute Nachricht: Bei Cordelia Kreft erreichten alle Optiker eine genügende bis sehr gute Bewertung. Keiner hat Kreft unnötig eine Brille verschrieben. Irritierend: Optik Bötschi in Bern prüfte bei ihr unaufgefordert den Augendruck. Dieser Test gehört zum Untersuch, ob jemand den Grünen Star hat. Experten empfehlen ihn aber erst ab 50. Er sollte Augenärzten vorbehalten sein.
Nur drei Optiker rieten zum Augenarztbesuch
Bei der zweiten Testperson Curt Siegfried schnitten die Optiker weniger gut ab: Drei waren ungenügend, Kochoptik an der Bahnhofstrasse in Zürich am schlechtesten. Siegfried leidet an einer Glaskörpertrübung. In den meisten Fällen ist dies harmlos. Besteht das Problem aber erst seit kurzem, ist ein sofortiger Besuch beim Augenarzt nötig. Denn die Glaskörpertrübung kann ein Vorbote für Schäden an der Netzhaut sein. Augenarzt Frank Klinkenberg aus Sursee LU: «Im schlimmsten Fall kann der Patient erblinden.»
Viele Optiker beurteilten dies aber anders. Testperson Siegfried schilderte allen die Symptome. Aber nur McOptik in Basel, Optik Bötschi in Bern und Visilab in Zürich rieten ihm, zum Augenarzt zu gehen. Die anderen fünf beschrieben die Merkmale als «normal» oder «altersbedingt». Sie empfahlen ihm lediglich, alle zwei bis vier Jahre zur Kontrolle zu gehen. Für Augenarzt Klinkenberg ist dies unbefriedigend: «Man darf die Symptome nicht verharmlosen.»
Immerhin fragten Fielmann in Bern und Ramstein Optik in Basel nach, ob die Testperson auch Blitze oder einen Russregen sehe. Das sind Anzeichen dafür, dass die Netzhaut bereits geschädigt ist.
Hinzu kommt: Curt Siegfried trug während der Beratung eine perfekt eingestellte Brille, die erst wenige Wochen alt war. Trotzdem empfahlen ihm Optik Bötschi und Kochoptik eine neue. Bötschi hielt später in einem Schreiben an Siegfried allerdings fest, er solle zuerst einen Augenarzt aufsuchen. Kochoptik machte ungefragt eine Offerte für neue Gläser zum Preis von knapp 1600 Franken und versuchte auch gleich, die passende Sonnenbrille zu verkaufen. Zudem verschätzte sich die zuständige Optikerin beim Sehtest massiv. Sie mass bei Siegfried auf dem rechten Auge -0,75 Dioptrien mehr als der Augenarzt. Klinkenberg sagt: «Eine Abweichung von 0,25 Dioptrien ist immer mal möglich. Aber das ist eindeutig zu viel.»
Auch Medikamente können die Sehleistung verringern. Klinkenberg: «Blutdruckmittel können die Augen beispielsweise austrocknen.» Es ist daher sinnvoll, wenn Optiker ihre Kunden fragen, ob sie Medikamente nehmen. Doch nur Optik Bötschi, Fielmann und Visilab fragten bei Siegfried nach.
Auch bei den Kosten gab es massive Unterschiede: Mit 98 Franken verrechnete Kochoptik in Zürich den teuersten Sehtest. Zum Vergleich: McOptik in Basel und Mega Optik in Luzern führten den Sehtest kostenlos durch.
Sehtest: Mehr als eine halbe Stunde ist zu viel
Ein Sehtest beim Optiker sollte nie länger als 30 Minuten dauern. Nachher lasse die Konzentration des Kunden nach. Das findet nicht nur Frank Klinkenberg, sondern auch Isaak Schipper, ehemaliger Chefarzt der Luzerner Augenklinik. Am schnellsten gings bei der McOptik-Filiale in Basel: Cordelia Kreft verliess die Filiale nach nur fünf Minuten. Curt Siegfried hingegen musste bei Kochoptik in Zürich 75 Minuten ausharren. Schipper: «Ein Test, der so lange dauert, kann das Ergebnis verfälschen.»
Frage nach Medikamenten «vergessen»
Kochoptik schreibt, die Beratung habe die Hälfte der Zeit ausgefüllt. Der Preis sei durch einen zusätzlichen Untersuch und eine Analyse der Sehbedürfnisse gerechtfertigt. Die Frage nach Medikamenten sei vergessen gegangen. McOptik sagt, man habe Siegfried nicht nach Medikamenten gefragt, weil man ihm ohnehin einen Besuch beim Augenarzt empfohlen habe.
Ramstein Optik will künftig nach Medikamenten fragen. Den Augendruck messe man, um Komplikationen vorzubeugen. Ähnlich argumentiert Optik Bötschi. Die lange Testdauer zeige, dass man sich Zeit für die Kunden nehme. Muri + Peter Optik schreibt, man habe die Erfahrung gemacht, dass sich ältere Personen unsicher fühlten, wenn sie unter Zeitdruck antworten müssten.