Wie fühlten Sie sich, als Sie nach 100 Kilometern das Ziel erreichten?
Zuerst euphorisch. Ich dachte nur: endlich geschafft! Als ich dann kurz allein war, abseits des Zielraums, kippte meine Stimmung.
Was war los?
Ich fühlte mich plötzlich unglaublich leer und dünnhäutig. Zwei Wochen ging das so. Ich hatte so etwas noch nie erlebt.
Woher kam das?
Der 100-Kilometer-Lauf brachte mich an meine Grenzen. Die Distanz, die Nacht, die Temperaturunterschiede: Zwar hatte ich mich monatelang darauf vorbereitet. Doch am Ende weiss man nicht, wie der Körper darauf reagiert. Klar ist: Um diese Strecke in einer einzigen Nacht zu laufen, reichen zwei gesunde Beine nicht aus.
Was braucht es noch?
Ohne einen starken Willen kommt man nicht ins Ziel. Der Kopf leistet rund 70 Prozent. Mein Trick bestand darin, dass ich mich nur auf Teilstücke konzentrierte. An einem Stück 100 Kilometer laufen – mit dieser Vorstellung hätte ich nicht starten können.
Verstehen Sie Leute, die solche Extremläufe kritisieren?
Ich kann verstehen, dass man bei einem Lauf mit einer Länge von 100 Kilometern den Kopf schüttelt. Man muss aber wissen: Das tun sich in der Regel nur Leute an, die ihren Körper gut kennen. Sie wissen, was er leisten kann. Hinzu kommt: Wer sein Leben dem Laufen verschreibt, tickt anders.
Wie meinen Sie das?
Man sucht immer wieder eine neue Herausforderung oder will sich steigern. Laufen heisst also Rekorde brechen. Ja, das war bei mir lange so. Mit dem Lauf in Biel änderte sich das jedoch. Er war ein Wendepunkt.
Inwiefern?
Plötzlich war das Gefühl weg, dass ich eine weitere persönliche Bestzeit aufstellen müsse. Zwar dreht sich bei mir noch immer alles ums Laufen. Pro Woche laufe ich 80 bis 100 Kilometer. Aber der Wettbewerb steht nicht mehr im Zentrum.
Sondern?
Beim Laufen finde ich zu mir selber. Andere meditieren, ich laufe. In turbulenten Zeiten habe ich so gedankliche Klarheit. Muss ich privat oder beruflich einen Entscheid treffen, schlafe ich nicht eine Nacht darüber, sondern ziehe meine Laufschuhe an.
Zur Person
Peter Basig begann mit Laufen, als seine Waage eine dreistellige Zahl anzeigte. Er bestritt viele Marathons und Bergläufe und startete im letzten Mai am 100-KilometerLauf der Bieler Lauftage. Das Ziel erreichte er nach weniger als 13 Stunden. Basig arbeitet als Logistikfachmann. Er lebt in Zizers GR.