Charles Eugster könnte sich in seinem mondän eingerichteten Haus von seinem langen Leben ausruhen: Tee trinken, Bücher lesen, ab und zu gemächlich auf den nahen Uetliberg spazieren. Stattdessen trainiert der 95-Jährige wöchentlich mindestens sechs Stunden: Er rennt, stemmt Gewichte, dehnt Muskeln und Bänder. Kürzlich lief er in seiner Alterskategorie einen Weltrekord über 200 Meter. Seither ist er ein Internetstar und kann sich vor Medienanfragen kaum retten.
Eugster geniesst diese Aufmerksamkeit: «Als Einzelkind habe ich mich schon früh daran gewöhnt», sagt er und lacht. Auch geistig ist Eugster fit. Mit seinem Sport verbindet er eine Botschaft: «Ich will die Welt verändern.»
Noch nie seien so viele Menschen so alt geworden. Doch ein grosser Teil davon sei chronisch krank. «Alle tun so, als ob dies normal wäre», sagt Eugster. «Die Menschen werden aber nicht wegen ihres Alters krank, sondern wegen ihrer Lebensweise.»
Auch die Pensionierung sei ein Brutkasten für chronische Krankheiten. Eugster hingegen führte seine Zahnarztpraxis noch bis ins Alter von 75 Jahren, gab danach ein Mitteilungsblatt über klinische Zahnheilkunde heraus und arbeitete in einem Fitnessstudio. Und er trainierte. Er brauche keine Medikamente und sei schockiert, wenn er den Pillenverbrauch anderer Senioren sehe. «Ich möchte zeigen, dass es auch anders geht.» Es sei wunderbar, im Alter so fit zu sein.
Wer auf seine Gesundheit achtet, hat gute Chancen auf das Glück – das bestätigt Romana Feldmann, Mediensprecherin der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie. Beim Sport schüttet der Körper Hormone aus, das Stimmungszentrum im Hirn wird aktiviert, das Selbstwertgefühl steigt. Die Wirkung ist langfristig. «Bewegung baut Ärger, Anspannung und Müdigkeit ab und hilft auch bei Depressionen als Stimmungsaufheller», sagt Romana Feldmann. Dafür reiche täglich eine halbe Stunde gemässigte Bewegung.
Findet man das Glück auch, wenn man krank ist? «Wer vor der Lähmung zufrieden war, kann auch im Rollstuhl wieder glücklich werden», sagt Andreas Hegi. Er leitet die Abteilung Psychologie am Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU. Allerdings brauche es Zeit: «Unsere Patienten müssen zuerst den Schock verarbeiten.» Gute Voraussetzungen habe, wer schon vorher gut mit Veränderungen umgehen konnte und Krisen gemeistert habe. Um glücklich zu werden, seien auch Krisen nötig.
Erika Gardi ist Teamleiterin des Krebstelefons. Aus vielen Beratungen weiss sie, dass eine Krankheit grosse Ängste auslöst. Wer sie überstanden habe, erlebe aber oft grosse Glücksgefühle: «Viele schätzen danach Familie und Freunde noch mehr und empfinden eine grosse Dankbarkeit.» Ein Glücksgefühl, das viel tiefer gehe als etwa die Freude nach einem Lottogewinn.
Tipps
So verbessern Sie Ihre Gesundheit
- Bewegen Sie sich täglich eine halbe Stunde.
- So finden Sie heraus, was für ein Sporttyp Sie sind: Fragebogen ausfüllen auf www.zssw.unibe.ch → Forschung → Sportwissenschaft I.
- Essen Sie abwechslungsreich und saisonal.
- Essen Sie nicht alleine.
- Bei Krankheit: Informieren Sie sich gut.
- Machen Sie jeden Tag Dinge, die Ihnen gut tun.
- Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus. Anlaufstellen finden sich auf der Website www.selbsthilfeschweiz.ch.
- Nehmen Sie Hilfe in Anspruch: von Psychiatern, Seelsorgern, Nachbarn, Familie.