Für viele Schwangere ist es schwierig, eine Hebamme für Geburt und Wochenbett zu finden. In manchen Spitälern haben Frauen während der Geburt nicht eine Hebamme für sich allein. Sie müssen sie mit anderen Frauen teilen.
Viele Schwangere möchten aber, dass jemand sie während der ganzen Geburt begleitet. In diesen Fällen bieten sich Doulas an. Das altgriechische Wort Doula bedeutet Dienerin. Sie versprechen, Frauen vor, während und nach der Geburt zu unterstützen.
So schreibt Carolina Olmos aus Sarnen im Internet: «Eine Doula ist da, auch wenn für die Hebamme eine Eins-zu-eins-Betreuung nicht möglich ist.» Auch andere Doulas versprechen viel. So schreibt Andrea Lang aus St.Gallen, sie wolle Schwangeren helfen, «damit sie in Ruhe und Geborgenheit gebären» könnten. Und Kathrin Burri aus Hünenberg ZG und Nadja Brenneisen aus Zürich behaupten, mit einer Doula dauere die Geburt einen Viertel weniger lang. Zudem komme es zu 50 Prozent weniger Kaiserschnitten, und Komplikationen seien seltener.
Die Doula-Ausbildung ist nur kurz: Sie dauert 10 bis 20 Tage und ist weder vom Bund anerkannt noch standardisiert. Für ihre Dienste verlangen die Geburtshelferinnen happige Preise. Bei Andrea Lang etwa kostet eine Begleitung 2000 Franken. Für das Paket «Geburtsbegleitung Premium» verlangt sie «ab 4000 Franken». Bei Carolina Olmos sind es 1490 Franken, und Christine Bliven aus Zürich berechnet für das «Deluxe Birth Doula Paket» 2560 Franken.
Zum Vergleich: Die erfahrene Hebamme Marianne Indergand aus Kerns OW verlangt für eine Beleggeburt, bei der sie von Anfang bis Ende dabei ist, ein Pikettgeld von 350 Franken. Barbara Stocker Kalberer, Präsidentin des Hebammenverbands, sagt: «Alleinstehende Frauen oder Migrantinnen, denen eine Doula am ehesten eine Hilfe wäre, haben kaum die nötigen Mittel dafür.» Zudem lasse sich der Mangel an Hebammen nicht mit Doulas beheben.
Lea Beckmann vom Deutschen Hebammenverband bestätigt: «Eine Doula kann die Kompetenz einer Hebamme nicht ersetzen.» Hinzu kommt: Für den Nutzen von Doulas gibt es keine Belege. Kathrin Burri und Nadja Brenneisen verweisen zwar beide auf eine Studie des Forschernetzwerks Cochrane, wonach die Geburt mit Hilfe einer Doula weniger lang dauere und es seltener zu Kaiserschnitten komme. Doch in der Studie geht es nicht um Doulas, sondern um die kontinuierliche Betreuung während der Geburt – dafür kann auch eine Hebamme oder der Partner zuständig sein.
Verwandte und Freunde sind im Wochenbett die bessere Hilfe
Auch die Betreuung nach der Geburt ist mit Doulas teuer. Bei Christine Bliven zum Beispiel kostet das «Postpartum Paket» 900 Franken. Dafür Geld auszugeben, ist jedoch nicht sinnvoll: Die Grundversicherung bezahlt jeder Mutter 10 Hebammenbesuche. Beim ersten Baby, nach Frühgeburten oder einem Kaiserschnitt sind es sogar 16 Besuche. Ausserdem tut eine Doula nur das, was für eine Nachbarin oder eine Freundin ebenso möglich ist: Essen mitbringen, Wäsche erledigen, Lebensmittel einkaufen, zuhören.
Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «Die Tätigkeit von Doulas ist nicht geregelt. Sie arbeiten vor allem im emotionalen Bereich – da kann es zu einem gefährlichen Wildwuchs kommen.» Das Angebot von Doulas ist häufig esoterisch angehaucht. Kristina Studer aus Englisberg BE etwa schreibt, bei ihr spürten Schwangere die Verbindung zu sich selbst, den Ahnen und der «der stärkenden Gemeinschaft lieber Frauen». Solche Angebote würden ein «vollkommenes Wissen» versprechen, sagt Thomas Walser. Das könne zwar faszinieren. «Kritisch wird es jedoch, wenn eventuell schulmedizinische Ansichten abgelehnt werden.»
Fazit: Eine Doula kann man sich sparen. Väter, Freundinnen oder Verwandte können Frauen bei der Geburt besser unterstützen – und das erst noch gratis.
Michèle Stratmann vom Doula Netzwerk Schweiz schreibt dem Gesundheitstipp, Doulas seien als Ergänzung gedacht. Sie würden sich einbringen, wo in Spitälern Zeit und Personalressourcen nicht ausreichten. Viele Doulas würden eine flexible Bezahlung erlauben.
Christine Bliven sagt, Partner könnten ihre Frauen oft kaum unterstützen, besonders bei der ersten Geburt. Die Kosten seien eher zu tief: Sie besuche die Mutter mehrmals und leiste für die Geburt drei bis vier Wochen Bereitschaftsdienst.
Kristina Studer schreibt, sie halte sich an die Regeln des Verbands und übernehme keine medizinischen Aufgaben, sondern unterstütze die Eltern. Und der Verband Doula Schweiz schreibt, in einigen Regionen gebe es die Möglichkeit einer externen Finanzierung. Bei einem Beitritt verpflichte sich jede Doula in einem Vertrag, nicht in medizinische Belange einzugreifen.
So finden Schwangere Unterstützung
- Bitten Sie eine vertraute Person, bei der Geburt dabei zu sein. Besprechen Sie vorgängig, was Ihnen dabei wichtig ist.
- Kochen Sie vor der Geburt nahrhafte Mahlzeiten vor, und frieren Sie sie fürs Wochenbett ein.
- Halten Sie die ersten sechs Wochen nach der Geburt frei von Terminen.
- Fragen Sie Nachbarn, Verwandte oder Freunde vor der Geburt, ob sie Ihnen im Wochenbett beim Kochen, Putzen oder Hüten von älteren Kindern helfen können.
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