Nach einer Reise mit dem Zug durch das südostasiatische Land Indonesien fühlte sich Martin Widmer immer schlechter: «Ich hatte starken Brechdurchfall mit grauenhaften Bauchkrämpfen und Fieber», erzählt der 64-jährige Zürcher.
war hatte Widmer bei seiner Reise durch Indonesien die Hygieneregeln konsequent befolgt. Trotzdem bekam er nach ein paar Tagen den gefürchteten «Bali belly», auf Deutsch Bali-Bauch. So bezeichnen Indonesier Verdauungsprobleme der gröberen Art. Widmer: «Vermutlich passierte es, als ich ein Dessert mit frittierten Früchten ass, das mir Einheimische in der Stadt Bandung geschenkt hatten.»
Reisedurchfall ist keine Seltenheit: Je nach Destination bekommen 20 bis 60 Prozent aller Touristen Verdauungsprobleme. Bei einem Viertel der Betroffenen sind diese so stark, dass sie ihre Reisepläne ändern und das Bett hüten müssen.
Das geht aus einer Übersichtsstudie im «British Medical Journal» hervor. Laut der Internetplattform Healthnews.com ist das Risiko in den Ländern Indien, Kenia, Sri Lanka, Indonesien und Mexiko am grössten.
Martin Widmer versuchte mit verschiedenen Mitteln, seinen Durchfall in den Griff zu bekommen. Er nahm Heilerde, Loperamid und ein Antibiotikum – doch nichts half. Eine Ärztin erwog, ihm eine Infusion zu geben, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Schliesslich gab sie Widmer ein anderes Antibiotikum. Danach ging es ihm besser.
Antibiotika nur auf Verordnung des Arztes nehmen
Ein Vergleich des Gesundheitstipp von Mitteln gegen Reisedurchfall bestätigt: Antibiotika können helfen. Haben Bakterien den Durchfall verursacht, verkürzen Antibiotika die Leidenszeit um einen bis zwei Tage. Das zeigte im Jahr 2019 eine Übersichtsstudie des Forschernetzwerks Cochrane. Allerdings warnen Ärzte davor, Antibiotika auf eigene Faust einzunehmen. Denn diese können schwere Nebenwirkungen haben. Dazu zählen Depressionen, Herzprobleme oder ein Riss der Achillessehne (Gesundheitstipp 12/2023).
Reisemedizinerin Esther Künzli vom Tropeninstitut Swiss TPH in Basel sagt: «Man sollte Antibiotika nur bei schwerem Durchfall mit Fieber oder Blut im Stuhl auf ärztliche Verordnung hin verwenden.» Künzli rat davon ab, Antibiotika auf eine Reise mitzunehmen: «Wer sich im Reiseland sehr krank fühlt, sollte sich von einem Arzt untersuchen lassen.» Medikamente mit dem Wirkstoff Loperamid vermindern den Verlust von Flüssigkeit.
«Man sollte sie nicht bei starkem Durchfall mit Fieber oder Blut im Stuhl nehmen, da es sonst zu schweren Komplikationen kommen kann», sagt Künzli. Sie empfiehlt, bei Loperamid nicht die maximale Menge einzunehmen. Andernfalls drohe eine Verstopfung.
Beschwerden verschwinden meist von selbst
Gesundheitstipp-Ärztin Stephanie Wolff sagt: «Durchfall klingt auch ohne spezielle Behandlung nach ein paar Tagen meistens von allein ab.» Mit sanften Mitteln lassen sich Beschwerden lindern – das erst noch mit wenig Nebenwirkungen. Wichtig ist laut Wolff, dass man viel trinkt und die verlorenen Mineralstoffe ersetzt. In schweren Fällen sei eine Lösung mit Mineralsalzen nützlich. Das ist ein Pulver, das man mit Wasser anrührt. Bei Reisen in tropische Länder gehört es in die Reiseapotheke.
Ein weiteres Mittel sind Probiotika. Diese verbessern angeblich die Zusammensetzung der Darmbakterien. Doch das ist fraglich. Das Portal Medizin-transparent.at kam kürzlich zum Schluss, der Nutzen von Probiotika sei nicht belegt.
uch der Reisemediziner Svend Capol vom Zuger Kantonsspital ist skeptisch: «Der Nutzen bei akutem Durchfall ist umstritten.» Auch Mittel wie Apfelpulver, Heilerde und Kohle sollen Verdauungsbeschwerden lindern, indem sie schädliche Stoffe im Darm binden. Allerdings fehlen dazu aussagekräftige Studien. Kohletabletten könne man getrost zu Hause lassen, sagt Svend Capol: «Sie haben keinen Nutzen.»
Die Unternehmen Sanofi und Zambon verweisen für ihre Produkte Bioflorin und Perentol auf Studien, welche die Wirkung belegen würden. Imodium-Hersteller Kenvue sagt, die Heilmittelbehörde Swissmedic habe die Verwendung der maximalen Tagesdosis zugelassen.
Das können Sie gegen Reisedurchfall tun
- Ein Bifidus-Joghurt mit einem geraffelten Apfel verbessert die Darmflora.
- Rüeblisuppe bindet schädliche Bakterien im Darm und festigt den Stuhl.
- Flüssigkeit und Mineralien liefert die «Drittelslösung»: Mischen Sie je einen Drittel Orangensaft, Schwarztee und Wasser. Fügen Sie pro Liter drei Prisen Salz und 1 Esslöffel Traubenzucker hinzu.
- Nehmen Sie Antibiotika nur in schweren Fällen. Diese haben starke Nebenwirkungen.